Ionenfalle gegen Supraleiter: Erstmals haben Forscher zwei Quantencomputer unterschiedlicher Machart gegeneinander antreten lassen. Im Duell standen ein Rechner mit fünf Ionen als Qubits und ein Quantencomputer, bei dem Areale in Supraleiterspulen als virtuelle Qubits agierten. Das Ergebnis: Der Ionen-Rechner war langsamer, machte aber deutlich weniger Fehler. Noch wichtiger aber: Der Wettstreit liefert entscheidende Einblicke darin, was für erfolgreiches Quantenrechnen nötig ist.
Quantencomputer sind die kommenden Meister parallelen Rechnens. Der quantenphysikalische Zustand der Überlagerung macht dies möglich. Bisher allerdings steht die Entwicklung erst ganz am Anfang. Selbst die neuesten Modelle bestehen nur aus wenigen Qubits, viele von ihnen können zudem nur ganz bestimmte Arten von Aufgaben absolvieren – beispielsweise Primzahlen zerlegen oder ein logisches CNOT-Gate darstellen.
Vergleich erstmals möglich
Ein Vergleich verschiedener Quantencomputer-Ansätze und ihrer Leistungen war daher lange nicht möglich – bis jetzt. Im letzten Jahr gelang es Forschern erstmals, einen aus fünf Ytterbium-Ionen als Qubits bestehenden Quantencomputer frei programmierbar zu machen. Parallel dazu hat IBM einen“ Quantum Experience“ genannten Quantenrechner lanciert, der von Nutzern in der Cloud programmiert werden kann.
„Dies macht es erstmals möglich, Quantencomputer auf unterschiedlicher physikalischer Basis gegeneinander zu testen“, sagen Chris Monroe von der University of Maryland und seine Kollegen. Sie haben beide Quantencomputer vier verschiedene Algorithmen rechnen lassen und dabei sowohl Korrektheit der Ergebnisse und damit die Zuverlässigkeit, als auch die Dauer der Berechnungen verglichen.
Ionen gegen Supraleiter
Im Duell der Quantenrechner steht auf der einen Seite der Ytterbium-Computer. Bei diesem werden Nullen und Einsen durch den Wechsel zwischen zwei Energiezuständen bei den fünf Ionen erzeugt. Die in magnetischen Fallen gehaltenen Ionen werden durch Laserpulse zu paarweisen Verschränkungen gebracht und so auf bestimmte Algorithmen programmiert.
Sein Kontrahent ist der IBM-Quantencomputer. Bei ihm bestehen die Qubits aus virtuellen Teilchen in Form von supraleitenden Inseln in fünf Metallspulen. Diese „Transmon Qubits“ lassen sich über Mikrowellen miteinander verknüpfen. Nullen und Einsen werden durch zwei Niveaus der elektrischen Spannung in den Supraleitern umgesetzt.
Schneller, aber häufig falsch
Das Ergebnis des Duells: Wenn es ums Tempo ging, hatte der IBM-Quantencomputer die Nase vorn: Er schloss eine Zwei-Qubit-Operation in 250 bis 450 Nanosekunden ab, während der Ionenfallen-Rechner bis zu tausendfach mehr Zeit dafür benötigte.
Dafür jedoch haperte es an der Korrektheit und Zuverlässigkeit seiner Ergebnisse. Während der Ionen-Rechner Erfolgsraten von 77 bis 90 Prozent erreichte, kam der IBM-Quantencomputer nur auf 35 bis 74 Prozent, wie die Forscher berichten. Bei einer Aufgabe, dem sogenannten Bernstein-Vazirani-Algorithmus, waren die Unterschiede besonders dramatisch: Der Ionenrechner lieferte doppelt so oft korrekte Ausgaben wie sein Kontrahent.
„Konnektivität ist entscheidend“
Nach Ansicht von Monroe und seinen Kollegen könnte dies an der unterschiedlichen Struktur der beiden Rechner liegen: Beim Ionenfallen-Computer sind die Qubits stärker miteinander vernetzt – jedes Ion kann mit jedem anderen interagieren. Beim Supraleiter-Rechner von IBM sind dagegen vier der Spulen mit einer zentralen verbunden, was die Interaktion einschränkt – und möglicherweise Fehler fördert.
„Dies sind wichtige Erkenntnisse, wenn es um das künftige Hochskalieren von Quantencomputern geht“, betonen Monroe und seine Kollegen. Denn aus dem Duell ergibt sich, dass die Leistung eines Quantenschaltkreises entscheidend von der Architektur, der Konnektivität der Qubits und der Rekonfigurierbarkeit der Gates abhängen. „Diese Merkmale werden umso wichtiger, je stärker das System hochskaliert wird“, so die Forscher.
Noch stecken beide Quantencomputer und auch weitere Varianten solcher Rechner in den Kinderschuhen und sind noch weit davon entfernt, in der Praxis eingesetzt werden zu können. „Dennoch können Tests wie diese bereits nützliche Einblicke in die Leistung der existierenden Systeme liefern und in die Rolle, die die Architektur für solche Quantencomputer spielt“, meinen Monroe und seine Kollegen. ( arXiv:1702.01852)
(arxiv/ Science News, 27.02.2017 – NPO)