Weltpremiere: Würzburger Chemikern ist es erstmals gelungen, eine stabile Dreifachbindung zwischen den Elementen Bor und Sauerstoff zu knüpfen. Sie stellen ihre Ergebnisse, die für die Grundlagenforschung von großer Bedeutung sind, jetzt in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Science“ vor.
Die neue Studie schließt eine Lücke in der Chemie. Denn für fast alle chemischen Elemente der Welt, zwischen denen eine stabile Dreifachbindung theoretisch möglich ist, wurde diese Form der Verknüpfung bereits realisiert – nur eben nicht für Bor und Sauerstoff.
Zugegeben: Auch Dreifachbindungen zwischen Bor und Sauerstoff wurden im Labor schon geknüpft. Allerdings gelang das bisher nur unter extremen Bedingungen: Die Temperaturen mussten dafür weit unter dem Gefrierpunkt sein, die beiden Elemente als Gase vorliegen – und am Ende war die Dreifachbindung nicht dauerhaft stabil.
Dreifachbindung stabil bei Raumtemperatur
Anders beim Würzburger Chemie-Professor Holger Braunschweig und seinen Mitarbeitern Achim Schneider und Krzysztof Radacki. Sie haben eine stabile Bor-Sauerstoff-Dreifachbindung bei Raumtemperatur in gebräuchlichen Lösungsmitteln erzeugt, gereinigt und charakterisiert.
In Reinstform liegt ihr Produkt als farbloses Pulver vor. Temperaturen von bis zu 100 Grad Celsius erträgt es über viele Stunden hinweg. Weder Tageslicht noch UV-Strahlung können ihm etwas anhaben. Fazit von Braunschweig: „Erstmals verfügt die Wissenschaft damit über ein stabiles Molekül, in dem eine Dreifachbindung zwischen Sauerstoff und Bor realisiert ist.“
Spannend für die Grundlagenforschung
Wozu das gut ist? Anwendungen im Alltag sind für das Molekül vorerst nicht absehbar. Spannend aber ist die neu geschaffene Bor-Sauerstoff-Dreifachbindung für die Grundlagenforschung.
Erste Reaktivitätsstudien an dem neuen Molekül sind in der Anorganischen Chemie der Universität Würzburg schon gelaufen. Direkt an der Dreifachbindung haben die Forscher andere Elemente angeknüpft, weiter von ihr entfernt ebenfalls. Wo ist das Molekül veränderbar, was kann man ihm hinzufügen? Diese Fragen werden auch die Arbeiten bestimmen, die die Wissenschaftler als nächstes angehen wollen.
Bor – ein eigenartiges Element
Doch was ist das Besondere an Bor? Für Chemiker ist das Element eine Herausforderung: Es hat ein Defizit an Elektronen, hungert gewissermaßen nach diesen Teilchen. Stillen kann es den Hunger nur, indem es sich mit anderen Elementen verbindet.
„Ganz und gar ungewöhnliche Verbindungen sind es, die das Bor da eingeht“, erklärt Braunschweig. Ein führendes Lehrbuch für Anorganische Chemie widmet dem eigenartigen Element sogar ein eigenes Kapitel – auch das zeigt seine Sonderstellung.
(idw – Universität Würzburg, 16.04.2010 – DLO)