Bildeten die Neandertaler eine einheitliche Gruppe oder gab es drei verschiedene Untergruppen mit leicht unterschiedlichen Merkmalen? Bisher war diese Frage strittig. Jetzt haben Forscher anhand von Analysen der mitochondrialen DNA nicht nur die Existenz von drei Untergruppen bestätigt, sie identifizierten auch eine vierte.
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Neandertaler gelten als „Vetter“ des modernen Homo sapiens. Sie lebten vor 100.000 bis gut 30.000 Jahren in einem ausgedehnten Gebiet von Europa bis ins westliche Asien und dem Nahen Osten. Als dann der moderne Mensch aus Afrika in diese Gebiete einwanderte, starben die Neandertaler allmählich aus. Morphologische Unterschiede an den Skeletten, die in verschiedenen Regionen gefunden wurden, führten dazu, dass einige Forscher die Existenz von drei verschiedenen Untergruppen postulierten: einer in Westeuropa, einer in Südeuropa und einer in der Levante. Bisher jedoch war dies umstritten.
Vier statt drei Untergruppen
Jetzt haben sich die Wissenschaftlerinnen Virginie Fabre, Silvana Condemi und Anna Degioanni vom CNRS Laboratorium für Anthropologie der Universität von Marseille dieser Frage mithilfe einer neuen Methodik erneut angenommen. Sie speisten die seit 1997 veröffentlichten Sequenzen mitochondrialer DNA von zwölf Neandertalern in ein Modell ein, das verschiedene Szenarios anhand von Daten aus Demographie, Paläoanthropologie und Genetik simulierte.
Das Modell bestätigte die Existenz von drei voneinander verschiedenen Untergruppen und identifizierte noch eine vierte in Westasien. Nach Ansicht der Autorinnen war jedoch die Größe der Neandertalerpopulation über die Zeit gesehen nicht konstant und es gab Wanderungsbewegungen zwischen den Untergruppen. Vermutlich waren es vor allem klimatische Faktoren, die die Variabilität unter den Frühmenschen während ihrer Ausbreitung über die Regionen beeinflussten.
Bald neue Erkenntnisse über das Aussterben?
Die Forscherinnen hoffen, dass ihr Modell eines Tages sogar auch in Fragen zur kulturellen Vielfalt der Neandertaler eingesetzt werden könnte, beispielsweise anhand von Unterschieden in den Steinwerkzeugen. Sie erhoffen sich davon einen weiteren Einblick in die Geschichte und das Aussterben dieser Vetter des modernen Menschen.
Link
Mehr Informationen unter http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0005151
(Public Library of Science, 15.04.2009 – NPO)