Sie sind nur wenige Nanometer groß könnten aber in Zukunft die Funktion vieler großer Geräte ergänzen oder sogar ersetzen: Nanomotoren. Besonders in der Biomedizin bieten die nach biologischen Vorbildern konstruierten Hightech-Winzlinge vielversprechende Anwendungsmöglichkeiten. Deshalb steigt jetzt auch die EU verstärkt in die Entwicklung der Nanomotoren ein.
Nanotechnologie ist eine der wichtigsten Zukunftstechnologien, die sich mit der Erforschung, Bearbeitung und Produktion von Gegenständen und Strukturen im Größenbereich von weniger als 100 Nanometer (1 nm = 1 milliardstel Meter) bewegt. An der Schnittstelle zwischen unbelebter und belebter Natur geht es dabei um die Entwicklung biologischer Funktionsbausteine als Voraussetzung für deren technischen Einsatz. Erfolg verspricht ein interdisziplinärer Forschungsansatz, der die Biologie mit der computergestützten Physik, der Chemie und den System- und Ingenieurwissenschaften zu einer "Synthetischen Biologie"
verbindet.
Inzwischen hat dies auch die EU erkannt und mit ihrem NEST-Programm (New and Emerging Science and Technology) eine Initiative zur Förderung unkonventioneller und visionärer Forschung auf diesem Gebiet gestartet. Ein internationales Konsortium unter der Leitung von Prof. Helmut Grubmüller am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen hat jetzt den Zuschlag für ein Forschungsvorhaben erhalten, bei dem es um die maßgeschneiderte Entwicklung und Herstellung künstlicher Systeme nach Bauplänen biologischer Funktionseinheiten geht. Mit ihrem Projekt NANOMOT verfolgen die Wissenschaftler das ambitionierte Ziel, Nanomotoren zu entwickeln und deren Komponenten im Baukastensystem zu verkoppeln.
Bakterien-Geißel als Vorbild
Vorbild für einen solchen Nanomotor ist beispielsweise der Geißelapparat (Flagellenmotor) einiger Darmbakterien, der ihrer Fortbewegung dient. Ein Motorkomplex setzt dabei elektrochemische Energie aus ATP (Adenosintriphosphat), einem molekularen Energiespeicher, in eine Drehbewegung der auf einer Achse sitzenden Geißel um. Auch das "Verpacken" von genetischer Erbsubstanz (DNA) in Virenhüllen erfolgt durch einen biologischen Nanomotor mit rotierender Achse.
Anwendung finden könnten solche Nanokomponenten bei der Herstellung von DNA-, Protein- und Antikörper-Chips als miniaturisierte Plattformen für molekularbiologische und molekularmedizinische Untersuchungen sowie beim zielgenauen – und damit nebenwirkungsarmen – Einsatz von Medikamenten.
Im NANOMOT-Konsortium sind neben dem Göttinger Max-Planck-Institut als Koordinator die Universitäten Osnabrück, Dresden, Oxford, Basel und Zürich sowie der CSIC Madrid vertreten. Die finanzielle Förderung der EU beträgt ca. 2,3 Mio. Euro und erstreckt sich über einen Zeitraum von drei Jahren.
(Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, 17.03.2006 – NPO)