Helfer gegen den Terror: Künftig hilft ein Roboter, Kofferbomben und andere Sprengstoffe in Gepäckstücken aufzuspüren. Das ferngesteuertes Sensorensystem kann dank Millimeterwellen sogar in das Innere der verdächtigen Objekte blicken und so klären, ob Gefahr droht. Bislang sind Einsatzkräfte oft gezwungen, die Kofferbomben aus nächster Nähe zu untersuchen und dann zu zerstören, was sie in Gefahr bringt und die Ermittlungen erschwert.
In Zeiten des Terrors müssen auch Polizei und Zoll ihre Methodik verbessern. Dank neuer Forschung gibt es schon jetzt künstliche Nasen, die winzige Sprengstoffspuren beispielsweise in Paketbomben detektieren, Terahertz-Scanner wiederum spüren Gefahrenstoffe in der Post auf.
Roboter als Kundschafter
Eine weitere potenzielle Gefahr sind Kofferbomben: Werden an öffentlichen Plätzen, Flughäfen oder Bahnhöfen herrenlose Gepäckstücke entdeckt, kommt es nicht selten zu einem Großeinsatz der Polizei. Dann müssen die Einsatzkräfte prüfen, ob es sich um eine Spreng- und Brandvorrichtung handelt – und dabei bisher das verdächtige Gepäckstück aus nächster Nähe untersuchen. Die Sprengstoffexperten begeben sich dabei in Lebensgefahr.
Doch das wird sich künftig ändern. Denn Forscher des Fraunhofer-Instituts für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR in Wachtberg haben einen robotischen Einsatzhelfer konstruiert, der hilft, Kofferbomben zu identifizieren. Er liefert schon vorab wertvolle Daten über den Inhalt verdächtiger Gepäckstücke und im Falle einer Bombe über ihre Bauteile. Dadurch wissen die Einsatzkräfte bereits bevor sie sich nähern, ob Gefahr droht und wenn ja, welche.
Mit Sensoren gespickter Rover
„Mit bisherigen Verfahren lassen sich Kofferbomben nicht dreidimensional darstellen, eine räumliche Zuordnung des Inhalts ist nicht oder nur bedingt möglich“, erklärt Fraunhofer-Projektkoordinator Stefan Lang. „Mit der Sensor-Suite können wir das Innere eines Gepäckstücks dreidimensional visualisieren und feststellen, aus welchen Teilen die Bombe besteht und wie diese im Gepäck angeordnet sind.“
Bei dem intelligenten Einsatzhelfer handelt es sich um eine multimodale Sensor-Suite. Diese besteht aus einem Millimeterwellen-Scanner, einer hochauflösenden digitalen Kamera und einer 3D-Umgebungserfassung. Die Bestandteile sind in einem Gehäuse integriert und auf einer Roboterplattform montiert. Der Roboter wird von den Entschärfern aus sicherer Entfernung ferngesteuert.
Blick ins Innere mit Radar
In der Nähe des verdächtigen Gepäckstücks angekommen, vermessen die schwenkbaren 3D-Sensoren es dreidimensional, die digitale Kamera liefert hochaufgelöste Bilder für die spätere optische Beweissicherung. Der Millimeterwellensensor – im Prinzip eine Art Radar – durchleuchtet die potenzielle Gefahrenquelle und bildet das Innere ab. Er erlaubt eine sehr hohe Tiefenauflösung.
„Bei dem Radar wenden wir das SAR-Prinzip an, kurz für Synthetic Aperture Radar. Bei diesem Verfahren wird der Sensor über eine Trajektorie, eine Art Wegstrecke, bewegt – also beispielsweise von links nach rechts vor dem Koffer – und die so generierte Dopplerinformation für die Bilderzeugung benutzt“, erklärt Lang.
Marktreife bis 2019 geplant
Ein auf dem Roboter integrierter Embedded-PC sammelt die Daten und sendet sie an die Ermittler, wo sie am Rechner per Sensordatenfusion zusammengeführt werden. Somit können die Sprengstoffexperten die Bedrohungslage schnell beurteilen und haben zudem künftig die Möglichkeit, so viele Hinweise wie möglich zur Bombe zu erhalten. Bislang waren die Spezialisten oftmals gezwungen, die Kofferbomben zu zerstören, was die Ermittlung der Täter erschwert.
Weitere Vorzüge des berührungslosen Detektionssystems: Es ist leicht, kompakt und plattformunabhängig, lässt sich daher auf beliebige Roboter montieren. Ein Demonstrator des Radarsensors wird im April 2016 fertiggestellt. Umfangreiche Praxistests der ferngesteuerten Sensor-Suite starten Mitte 2017. 2019 soll die multimodale Sensor-Suite dann auf den Markt kommen.
(Fraunhofer-Gesellschaft, 05.01.2016 – NPO)