Mord und Totschlag auf dem Bildschirm: Die Verwendung gewalttätiger Verben wie „töten“ und „ermorden“ in Filmdialogen hat in den vergangenen 50 Jahren deutlich zugenommen, wie Forschende herausgefunden haben. Demnach kommt Gewalt mittlerweile auch in Film-Genres vor, in denen man sie auf den ersten Blick nicht erwarten würde, etwa in Romanzen. Doch wie lässt sich dieser Anstieg erklären? Und wird sich der Trend fortsetzen?
Gewalt übt eine besondere Faszination auf uns aus und ist daher auch essenzieller Bestandteil vieler Videospiele, Filme und Serien. Bei klassischen Horrorfilmen versetzen uns Gruseln und Nervenkitzel sogar in einen regelrechten Rausch und lassen uns zumindest vorübergehend die Sorgen des Alltags vergessen. Doch auch in anderen Genres geht es zunehmend grausam zu – so zumindest die subjektive Einschätzung einiger Filmfans. Aber sind Mord und Totschlag in Filmen tatsächlich immer präsenter?
Auf der Jagd nach „mörderischen Verben“
Um herauszufinden, ob Gewalt in Filmen im Laufe der Zeit zugenommen hat, haben Forschende um Babak Fotouhi von der University of Maryland nun eine umfangreiche Datenbank von über 160.000 englischsprachigen Filmen mit Untertiteln durchforstet. Mit der Unterstützung von maschinellem Lernen suchten sie in den zwischen 1970 und 2000 erschienenen Filmen gezielt nach den mörderischen Verben „töten“ und „ermorden“ sowie Variationen davon.
Dabei berücksichtigte das Team allerdings nur Fälle, in denen die Wörter in aktiven Satzkonstruktionen verwendet wurden, zum Beispiel „Sie hat X getötet“. Passive Konstruktionen („Er wurde von X getötet.“), Verneinungen („Sie hat X nicht getötet.“) oder Fragen („Hat sie X ermordet?“) zählten die Forschenden hingegen nicht . Somit handelt es sich bei den Ergebnissen der Studie um eine eher konservative Schätzung. „Es ist wahrscheinlich, dass es in den Filmen mehr Gewalt gab, als wir anhand der Dialoge berechnet haben“, so Fotouhi.
Gewalt in Filmdialogen hat zugenommen
Das Ergebnis ist dennoch eindeutig: Insgesamt enthielten etwa sieben Prozent der Filme in dem untersuchten Zeitraum mörderische Verben in Dialogen, wie die Forschenden feststellten. Deren Verwendung hat im Laufe der Zeit außerdem zugenommen. Während 1970 noch deutlich unter 0,5 Prozent aller Dialoge in den untersuchten Filmen von Mord handelten, hatte sich diese Zahl bis 2020 bereits der 0,5-Prozent-Marke angenähert.
Die Zunahme an mörderischen Verben beschränkte sich aber längst nicht nur auf Kriminalfilme oder Horrorstreifen, wo Gewalt zu erwarten wäre. „Auch Charaktere in Nicht-Kriminalfilmen sprechen heute mehr über das Töten und Morden als noch vor 50 Jahren“, erklärt Seniorautor Brad Bushman von der Ohio State University. „Zwar nicht so oft wie Figuren in Kriminalfilmen, und der Anstieg ist auch nicht so stark, aber es geschieht trotzdem. Wir haben eine Zunahme der Gewalt in allen Genres festgestellt.“
Doch nicht nur genre- sondern auch geschlechterübergreifend hat die Thematisierung von Gewalt offenbar zugenommen: Gewalttätige Sprache kommt laut Auswertung sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Film-Charakteren immer häufiger vor, auch wenn Männer weiterhin mehr über das Töten und Morden sprechen. „Dies ist ein weiterer Beweis dafür, dass Gewalt ein größerer Teil von Filmen ist als je zuvor“, sagt Fotouhi.
Gewalt erzeugt Aufmerksamkeit
Doch woher kommt dieser Anstieg? „Filme kämpfen um die Aufmerksamkeit des Publikums. Die Forschung zeigt, dass Gewalt eines der Elemente ist, das das Publikum am effektivsten fesselt“, erklärt Fotouhi. Indem selbst Filme aus klassischerweise gewaltfernen Genres wie Romanzen über die Sprache einzelne gewalttätige Elemente einbinden, erhoffen sie sich demnach einen Zuwachs an Zuschauern.
Ob der Trend zu mehr Gewalt in Film und Fernsehen weiter anhalten wird, ist derzeit noch unklar. Die Forschenden gehen allerdings davon aus, dass wir den Höhepunkt an gewalttätigen Ausdrücken in Filmdialogen längst noch nicht erreicht haben. (JAMA Pediatrics, 2024; doi: 10.1001/jamapediatrics.2024.5741)
Quelle: Ohio State University