Das Sonnenobservatorium SUNRISE hat zum ersten Mal die Sonne erblickt und damit einen wichtigen Meilenstein erreicht. Anfang Juni soll das Sonnenobservatorium auf seine etwa fünftägige Reise um den Nordpol aufbrechen. Getragen von einem riesigen Helium-Ballon wird SUNRISE unser Zentralgestirn aus 37 Kilometern Höhe betrachten und dabei die magnetischen Strukturen auf der Sonnenoberfläche mit einer Genauigkeit untersuchen, die nie zuvor erreicht wurde.
Größtes Sonnenteleskop der Welt vor dem Start
Die Mission SUNRISE ist bisher einzigartig. Denn das Sonnenobservatorium, an dem ein internationales Team von Wissenschaftlern seit sechs Jahren arbeitet, trägt das größte Sonnenteleskop, das jemals die Erdoberfläche verlassen hat. Ein Helium-Ballon, der sich in der oberen Erdatmosphäre auf einen Durchmesser von ungefähr 130 Metern aufbläht, trägt das zwei Tonnen schwere Instrument auf eine Höhe von etwa 37 Kilometern.
Dort angekommen hat SUNRISE mehr als 95 Prozent der Erdatmosphäre hinter sich gelassen – und damit ihren störenden Einfluss auf die Sehschärfe des Teleskops. Die Wissenschaftler erwaten deshalb, das SUNRISE die fein strukturierte Oberfläche der Sonne und die Verteilung der Magnetfelder mit einer Auflösung von bis zu 35 Kilometern sichtbar machen wird. Das ist so, als könnte man aus Hannover eine Euro-Münze im etwa 100 Kilometer entfernten Katlenburg-Lindau erkennen.
Auf diese Meisterleistung bereitet sich das SUNRISE-Team in der europäischen Weltraumbasis ESRANGE im nordschwedischen Kiruna seit Anfang April vor. In den vergangenen Wochen konnten die Wissenschaftler das Teleskop mit den weiteren wissenschaftlichen Instrumenten verbinden, die sein Licht nutzen werden. Zudem ist die Nutzlast bereits in die Gondel integriert, die später bei der Flugvorbereitung am Ballon befestigt wird.
Erster Sonnenblick erfolgreich
Nun ist dem Team ein weiterer entscheidender Schritt gelungen: Durch die Tür der Halle, in der die Vorbereitungen stattfinden, hat SUNRISE zum ersten Mal ungeschützt in die Sonne geblickt. „Auf diesen Moment haben wir etwa sechs Jahre hingearbeitet“, freut sich Projektleiter Peter Barthol vom MPS. Einen etwas vorsichtigeren Blick auf die Sonne hatten die Wissenschaftler bereits einige Tage zuvor gewagt. Eine Schutzfolie verhinderte, dass das gesamte Sonnenlicht das Innere des Teleskops erreicht. „Im Teleskop wird das Sonnenlicht wie in einem Brennglas ge-bündelt. Unser Brennglas hat einen Durchmesser von einem Meter. Im Brennpunkt entstehen deshalb sehr hohe Leistungen auf kleinster Fläche“, erklärt Barthol.
Zwar ist SUNRISE mit zahlreichen Mechanismen ausgestattet, die diese Hitze abführen. Doch wenn das Teleskop nicht genau auf die Sonne ausgerichtet ist und das Licht deshalb schief einfällt, können diese nicht hundertprozentig greifen. Komponenten des Teleskops könnten dann buchstäblich in Rauch aufgehen. Entscheidend ist deshalb, dass sich das Sonnenobserva-torium später im Flug selbstständig und präzise nach der Sonne orientiert. Am Boden funktioniert dies nun zuverlässig. Dem ersten ungeschützten Blick in die Sonne, dem so genannten „First Light“, stand somit nichts mehr im Wege. In den nächsten Tagen können die Forscher ihre Instrumente nun erstmals unter realistischen Bedingungen kalibrieren und prüfen.
In fünf Tagen rund um den Nordpol
Die Mission SUNRISE wird etwa fünf Tage dauern. Auf seiner Reiseflughöhe angekommen wird das Sonnenobservatorium von Polarwinden erfasst und über den Nordatlantik, Grönland und Kanada westwärts um den Nordpol getragen. Im Norden Kanadas soll SUNRISE dann an einem Fallschirm sanft landen. Da der Flug um die Sommersonnenwende am Polarkreis stattfindet, kann das Sonnenobservatorium unser Zentralgestrin während des Fluges ununterbrochen beobachten. Neben dem Teleskop trägt SUNRISE weitere wissenschaftliche Instrumente an Bord, die die Magnetfelder der Sonne sichtbar machen, sowie ausgeklügelte Systeme, die in luftiger Höhe das Teleskop optimal justiert halten und das Bild stabilisieren.
Neben dem Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung sind an der Mission zahlreiche weitere Forschungseinrichtungen beteiligt: das Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik in Freiburg, das High Altitude Observatory in Boulder (Colorado), das Instituto de Astrofisica de Canarias auf Teneriffa, das Lockheed-Martin Solar and Astrophysics Laboratory in Palo Alto (Kalifornien) und die Columbia Scientific Ballooning Facility der NASA.
(Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, 25.05.2009 – NPO)