Erstaunlich robust: Auch bei starken Turbulenzen können Hummeln problemlos in der Luft bleiben. Das Wirbelsystem, das die Insekten zum Fliegen benutzen, funktioniert bei plötzlichen Verwirbelungen sogar genauso gut wie bei stabiler Wetterlage. Das zeigt nun eine Computersimulation. Demnach produzieren Hummeln unter erschwerten Bedingungen im Schnitt die gleichen Auf- und Vortriebskräfte wie im ungestörten Flug – und müssen dafür noch nicht einmal mehr Energie aufwenden.
Trotz ihrer pummeligen Statur sind Hummeln echte Flugakrobaten. Bei der Suche nach Nahrung fliegen sie wendig vorwärts, rückwärts, auf und ab – und ändern dabei ständig ihre Richtung und Geschwindigkeit. Besonders beeindruckend: Selbst stärkeren Winden können die Insekten scheinbar mühelos trotzen.
Doch wie gelingt den kleinen Lebewesen der tausendfache, kontrollierte Flügelschlag in einer instabilen Umgebung? Diesem Rätsel geht nun ein internationales Forscherteam um Thomas Engels von der Technischen Universität Berlin auf den Grund – und hat bereits erste Antworten gefunden.
Gleicher Auftrieb – trotz Turbulenzen
Anders als etwa starrflügelige Flugzeuge produzieren die Flügel der Hummel den Großteil ihres Auftriebs nicht, weil die Luft schneller über ihre gewölbte Oberseite als unter ihnen hindurchströmt. Dafür sind sie zu flach und im Verhältnis zum Körper viel zu kurz. Stattdessen bilden sich auf den schlagenden Flügeln kleine Wirbel. Diese Mini-Tornados bewegen sich mit dem Flügel mit, senken den Druck auf seiner Oberseite – und erzeugen dadurch eine Sogwirkung nach oben.
Mithilfe der bislang aufwendigsten Computersimulation des Hummelflugs untersuchten die Strömungswissenschaftler, wie sich plötzlich auftretende Luftverwirbelungen auf die so produzierten Auf- und Vortriebskräfte der flatternden Insekten auswirken. Die Analyse offenbarte: Starke Turbulenzen haben auf das Wirbelsystem der Hummeln fast überhaupt keinen Einfluss.
„Es hat sich gezeigt, dass Hummeln auch in stark turbulenten Strömungen die gleichen mittleren Kräfte produzieren wie in ungestörter Luft – anders als Flugzeuge, wo Turbulenz die Kräfte signifikant ändern kann“, sagt Engler. Insbesondere bei kleinen Fliegern riefen schon geringe turbulente Störungen signifikante Veränderungen in den Auf- und Vortriebskräften hervor. Die pummeligen Bienen hingegen müssen den Simulationen zufolge noch nicht einmal zusätzliche Energie aufwenden, um bei Turbulenzen in der Luft zu bleiben.
Vorbild für Flugroboter
Die erstaunliche Robustheit des Schlagflugs der Insekten ist laut den Forschern ein entscheidender Vorteil – und könnte künftig als Vorbild für kleine, menschengemachte Flugroboter dienen. Für die Entwicklung solcher insekteninspirierten Flugkörper verspricht sich das Team künftig weitere wichtige Erkenntnisse durch die Computersimulationen.
„Es ist von großer Bedeutung, zu wissen, wo die Schwierigkeiten beim Fliegen in Turbulenz liegen und wie Insekten dieser Herausforderung begegnen“, so Engels. „Vor allem wollen wir anhand des Hummelfluges das Rätsel lösen, welche Turbulenzen Instabilitäten beim Flug auslösen und wie man sie kontrollieren kann“, schließt er. (Physical Review Letters, 2016; doi: 10.1103/PhysRevLett.116.028103)
(TU Berlin, 20.07.2016 – DAL)