Verkehr

Flugtaxis: Nur eine Luftnummer?

Wie effizient und günstig sind elektrische Flugvehikel als Lufttaxis wirklich?

Flugtaxi
Elektrische Flugtaxis gelten als Vehikel der Zukunft. Aber wie sinnvoll und konkurrenzfähig sind sie? © narvikk/ iStock

Fliegen statt fahren: Flugtaxis gelten als vielversprechende Alternative im Stadtverkehr der Zukunft. Doch wie effizient, sinnvoll und konkurrenzfähig sind die Passagierflüge mit solchen autonomen Multicoptern wirklich? Eine Forscherin hat dies überprüft – mit wenig positiven Ergebnissen. Demnach sind Flugtaxis in den meisten Fällen zu energiehungrig, zu teuer und kaum zeitsparend. Nur in einigen Fällen können die Passagierdrohnen punkten.

Sie gelten als der Verkehrstrend der Zukunft: Elektrisch betriebene Flugtaxis und bemannte Drohnen sollen effizienter, leiser und günstiger sein als Verbrennerautos und stehen zudem nie im Stau. Erste Prototypen von autonomen Multicoptern für den Passagiertransport sind bereits im Test, sie sollen vor allem bei Zubringerdiensten beispielsweise von Flughäfen in die Innenstädte Vorteile bringen.

Doch wie effizient und vorteilhaft sind die Flugtaxis wirklich? Das hat nun die Klimaökonomin Anna Straubinger vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim näher untersucht. In einer Metanalyse wertete sie die Ergebnisse von elf weiteren Veröffentlichungen zur Urban Air Mobility (UAM) mittels elektrischer Fluggeräte (eVTOL) aus.

Weniger nachhaltig als ein Elektroauto

Das Ergebnis: „Urban Air Mobility wird häufig als nachhaltig, schnell und günstig angepriesen“, sagt Straubinger. „Unsere Studien zeigen aber, dass die tatsächlichen Vorteile sehr begrenzt sind. So stoßen die Fluggeräte zwar im Vergleich zum Verbrenner weniger CO2-Emissionen aus. Gegenüber Fahrten mit E-Autos benötigen die Flugtaxis aber mehr Energie. Daher leisten sie keinen positiven Beitrag zur Energiewende im Verkehrssektor.“ Bereits 2019 hatten US-Forscher ermittelt, dass Flugtaxis nur bei längeren Strecken ab 35 Kilometer und ab drei Passagieren Vorteile gegenüber Verbrennerautos bieten.

Konkret ermittelte Straubinger: Ein Multikopter benötigt rund 0,408 Kilowattstunden Strom pro Kilometer im Flug und zusätzlich 6,08 kWh Strom für Start und Landung bei einem Flug. Dem gegenüber stehen 0,2 kWh/km Strom bei einem E-Auto. „Durch den höheren Energieverbrauch der Flugtaxis ist die Nutzung von Elektroautos auf der gleichen Strecke weniger energieintensiv und führt unter dem gegebenen Strommix auch zu geringeren CO2-Emissionen“, erklärt Straubinger.

15-mal teurer als ÖPNV

Der zweite Punkt sind die Kosten: Kurz- bis mittelfristig peilen die Hersteller und mögliche Betreiber einen Kilometerpreis von fünf Euro an. Das ist deutlich teurer als eine Fahrt mit dem privaten PKW oder dem ÖPNV, die im Schnitt bei 30 Cent pro Kilometer liegen. „Mittelfristig ist die Nutzung der Urban Air Mobility also zweieinhalbmal so teuer wie die Nutzung eines Taxis und mehr als 15-mal so teuer wie die Nutzung des ÖPNV oder eines Autos“, berichtet Straubinger.

Damit wären die Flugtaxis vor allem eine Option für Wohlhabende, da die Kosten deutlich höher als bei anderen Verkehrsmitteln sind. „Von den Flügen profitieren vor allem Haushalte mit hohem Einkommen. Die negativen Folgen wie Lärm und visuelle Beeinträchtigungen am Himmel betreffen jedoch alle, auch den voraussichtlich großen Anteil der Bevölkerung, der die Urban Air Mobility nicht nutzen wird“, betont die Forscherin.

Nur wenig Zeitersparnis

Auch bei der Zeitersparnis bieten die Flugtaxis nach Straubigners Auswertung für die Passagiere kaum Vorteile: „Durch die benötigte Start- und Landeinfrastruktur beinhaltet eine Reise mit dem Flugtaxi immer auch die Anreise zum und die Abreise vom Vertiport“, erklärt sie. Dies verlängert die Gesamtdauer des Transfers, hinzu kommen mögliche Wartezeiten am Startplatz. Echte Vorteile haben Flugtaxis laut der Forscherin daher nur in Ballungsräumen mit vielen Staus, sofern es genügend Vertiports gibt.

Für den Stadtverkehr wird dies aber nur wenig Entlastung bedeuten: „Aufgrund des begrenzten Marktanteils ist es unwahrscheinlich, dass Urban Air Mobility viel Verkehr von der Straße weglenken wird“, sagt Straubinger. Denn die Flugtaxis haben nur zwei bis vier Plätze, können daher nur eine sehr begrenzte Zahl von Menschen transportieren. Gleichzeitig sind viele Flüge nötig. „Selbst bei einem UAM-Anteil von 0,1 Prozent am Verkehrsaufkommen einer Großstadt mit rund einer Million Einwohnern, wären dies um die 1.500 Starts und Landungen pro Tag“, so die Forscherin.

Wo wären Fluggeräte sinnvoll?

Dennoch könnten elektrisch betriebenen Fluggeräte in bestimmten Fällen sinnvoll sein, wie die Wissenschaftlerin ermittelt hat. Einen wirklichen Mehrwert bieten sie beispielsweise bei Notfalleinsätzen, weil sie flexibler und günstiger sind als Hubschrauber, sowie bei der Anbindung abgelegener Regionen wie Inseln oder Gebirgsdörfern, die bisher schlecht in die bestehende Verkehrsinfrastruktur eingebunden sind. „Für diese Einsatzzwecke können wir auch eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung erwarten“, erklärt Straubinger.

Wichtig sei es zudem, dass Flugtaxi-Routen so in bestehende ÖPNV-Netze integriert werden, dass sie diese ergänzen, nicht aber zur Konkurrenz werden. „Beim Entwurf des Urban Air Mobility Netzwerks sollte darauf geachtet werden, dass die Flugvehikel nicht als Ersatz auf gut ausgebauten ÖPNV-Strecken angeboten werden, sondern das bestehende ÖPNV-Angebot ergänzen und Lücken im Netz schließen“, so die Forscherin. „Stattdessen könnten durch On-Demand-Services auf schlecht ausgelasteten Linien möglicherweise sogar Kosten gespart werden.“

Nach Ansicht von Straubinger können elektrische Fluggeräte demnach durchaus eine Ergänzung für den Verkehr sein – aber nur in begrenztem Maße und nur dann, wenn sie sinnvoll und überlegt eingesetzt und geplant werden. (ZEW Policy Brief „Urban Air Mobility“ (PDF))

Quelle: ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim

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