Technik

Flugzeug erntet Energie

Datennetz nutzt Temperaturunterschiede zur Stromversorgung

Prototyp eines Sensors mit Energieversorgung im Versuch © EADS

Flugzeuge der Zukunft könnten nicht nur Treibstoff verbrauchen, sondern unabhängig von den Triebwerken auch selbst Energie erzeugen. Forscher haben jetzt ein Verfahren getestet, bei dem Temperaturunterschiede zwischen Außenhaut und Kabine genutzt werden, um Sensoren im Rumpf mit Strom zu versorgen und deren Daten per Funk in das Cockpit zu übertragen.

Wartungskosten machen bei Flugzeugen heute bis zu 22 Prozent der Gesamtkosten pro Flugstunde aus. Wenn jedoch Sensoren dem Betreiber eines Flugzeugs ständig Auskunft darüber geben, in welchem Zustand sich seine Maschine befindet würde dies Kosten sparen, Denn dann müssen die Mechaniker nur aktiv werden, wenn es wirklich einen Schaden gibt, nicht auf Verdacht oder in regelmäßigen Intervallen. Allerdings greift der Spar-Effekt dieses „Health Monitoring“ nur, wenn der Einbau der Sensoren und ihr Betrieb ihrerseits nicht zu hohe Kosten verursachen.

Kabellos und energieautonom

Optimal wäre dafür im Rumpf eingebaute kabellose Sensoren, die ihre Energie vor Ort erzeugen und ständig Daten über den Zustand des Flugzeugs liefern können. „Ein kabelloses Sensornetzwerk, das sich vor Ort mit Energie versorgt, ist eine Lösung, um wartungsrelevante Daten kostengünstig zu erheben“, sagt Dominik Samson, Wissenschaftler im Projekttteam bei EADS Innovation Works. Diese lokale Energieproduktion heißt „Energy Harvesting“. So bezeichnen Techniker die Umwandlung von ungenutzt vorliegender Energie in nutzbare elektrische Energie.

Den Forschern des EADS-Teams geht es darum, kleinste Mengen von Energie für Anwendungen mit geringstem Verbrauch zu entwickeln. „Unser primäres Ziel ist es nicht, Energie zu sparen. Was wir erreichen wollen, ist die energetische Autonomie. So sparen wir Kosten, in dem wir Systeme unabhängig von zentralen Stromquellen machen“, so Samson. Dafür gibt es beim Flugzeug einige Möglichkeiten. Das Energy-Harvesting-Team untersuchte unter anderem Solarzellen, Generatoren, die Energie aus Vibrationen gewinnen, thermoelektrische Generatoren, Radiowellen, sowie laser- und akustische Energieübertragung.

Temperaturunterschiede in Spannung umwandeln

Als eine vielversprechende Methode stellte sich dabei die Thermoelektrik heraus, die Umwandlung eines Wärmeflusses in elektrische Spannung. „Diese Technologie ist besonders geeignet, da am Flugzeug große Temperaturunterschiede auftreten“ erklärt Samson. „Da ist zum Beispiel der Unterschied zwischen der Umgebungsluft mit etwa minus 20 bis minus 50 Grad Celsius und der Passagierkabine mit etwa plus 20 Grad. Oder auch die starken Temperaturschwankungen auf der Außenhaut nach dem Start oder während der Landung.“

Zudem lässt sich an jeder beliebigen Stelle der Außenhaut eines Flugzeuges ein künstlicher Temperaturunterschied erzeugen. Dazu wird ein thermoelektrischer Generator auf einer Seite mit einem Wärmespeicher verbunden. Die andere Seite ist mit der Außenhaut verbunden und kühlt schneller ab. Der Temperaturunterschied erzeugt die elektrische Spannung.

Wasser-„Beulen“ als Energiespeicher

Als Speichermedium für die Wärme haben die Forscher eine Substanz identifiziert, die der Menschheit schon lange gute Dienste leistet: Wasser, das Wärme besonders lange speichert. Kleine, mit Wasser gefüllte Halbkugeln, die von innen an die Flugzeugwand geklebt werden, bilden den auffälligsten Teil eines Sensorknotenpunktes für das „Health Monitoring“. Außerdem ist ein Mechanismus nötig, der die gewonnene Spannung auf einen für den Sensor brauchbaren Wert transformiert, das „Power-Management“. Es muss auch Energie zwischenspeichern, so dass Phasen ohne Energiegewinnung überbrückt werden können.

Das von den Forschern zu Versuchszwecken entwickelte System wurde bereits in einer Klimakammer getestet. Das Ergebnis: Bei einem Energieverbrauch von einigen Milliwatt am Sensorknoten wird während des Fluges genügend elektrische Energie produziert und gespeichert, um einen sicheren Betrieb des Sensorknotens zu gewährleisten. Das reicht auch für Langstreckenflüge, denn die Sensoren des „Health Monitoring“ müssen nicht ständig aktiv sein und die Sensorknoten sind verbrauchsoptimiert. Zum Vergleich: 20 bis 50 Milliwatt beträgt die Leistungsaufnahme einer typischen Leuchtdiode.

Nun soll in einem nächsten Schritt die Technologie im Flug getestet werden. Ein anderes Team von EADS Innovation Works untersucht bereits, wie auch die Hitze des Abgasstrahls aus einem Flugzeugtriebwerk für die Energiegewinnung genutzt werden kann. Eine analoge Technik wird gerade in der Automobilbranche intensiv untersucht. „Energy Harvesting ist auch in anderen Branchen denkbar“ sagt Samson. „An Industriemaschinen beispielsweise oder an Haushaltsgeräten. Mit Energy Harvesting können Maschinen aller Art ein künstliches Nervenkostüm erhalten. “

(EADS, 17.08.2010 – NPO)

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