Verräterische Fettfinger: Fingerabdrücke können Kriminalisten zukünftig nicht nur verraten, von wem sie stammen – sondern auch, wann sie hinterlassen wurden. Möglich wird dies, weil sich bestimmte Bestandteile der Fingerabdrücke im Laufe der Zeit zersetzen. Dank neuer Analysemethoden lässt sich daraus nun präzise bestimmen, wie alt ein Fingerabdruck ist. Die neue Methode könnte die Arbeit von Ermittlern erleichtern.
Jedes Verbrechen hinterlässt seine Spuren. Aber mit neuen Untersuchungsmethoden können Kriminalisten diese immer besser nachweisen. Aus dem Muster und der Verteilung von Blutspritzern können Rechtsmediziner zum Beispiel Schlussfolgerungen über den Tathergang eines Verbrechens ziehen. Aus den Blutspuren können die Ermittler mittlerweile auch das Alter der Opfer oder Tatverdächtigen bestimmen. Mit den in Fingerabdrücken kodierten Mustern, Schleifen und Bögen lässt sich ein Verdächtiger zweifelsfrei identifizieren. Doch niemand konnte genau sagen, wie lange diese Abdrücke zurücklagen – bis jetzt.
Zersetzung der Fingerabdruck-Bestandteile
Mit der Methode der Massenspektrometrie-Bildgebung ist es einem Team um Paige Hinners von der Iowa State University gelungen, Fingerabdrücke mit ihrem Alter in Verbindung zu bringen. Bisher war es nur möglich, mit einer Kombination aus Gaschromatographie und Massenspektrometrie einzugrenzen, ob die Fingerabdrücke mehr oder weniger als acht Tage alt waren. Diese relativ große Zeitspanne ist allerdings für viele Kriminalfälle ungenügend.
Die Forscher haben sich deshalb die speziellen Zersetzungsreaktionen in den chemischen Bestandteilen der Abdrücke noch einmal genauer angesehen. „Wir vermuteten bereits, dass Ozon in der Luft mit den ungesättigten Triacylglyceriden reagiert, die von der Fingerspitze hinterlassen werden“, sagt Hinners Kollege Young Jin Lee.
Alterung der Abdrücke ist für jede Person verschieden
Für ihre Studie verfolgten die Wissenschaftler mit Hilfe der Massenspektrometrie-Bildgebung, wie sich die Triacylglycerid-Werte und auch die Konzentrationen weiterer Fette in den Fingerabdrücken von drei Probanden im Laufe der Zeit verändern. Dabei zeigte sich: Schon nach einem Tag lassen sich messbare Veränderungen detektieren, wie die Forscher berichten. Auch in den restlichen Tagen gab es charakteristische Verschiebungen in den Fingerabdruck-Spuren.
Hinners und sein Team stellten außerdem fest, dass die Abbaurate der Fingerabdruck-Lipide sich individuell unterscheidet. Sie führen dies auf unterschiedliche Anfangs-Lipidwerte in den Fingerabdrücken der Personen zurück. Bei Verdächtigen kann man dies jedoch durch entsprechende Tests berücksichtigen.
Die Methode funktioniert auch bei Rückständen, die mit forensischem Pulver erhalten wurden und lässt die Beweisspuren während der Untersuchung intakt, wie die Forscher betonen.
Enorme Verbesserungen für Ermittler
Für Rechtsmediziner könnte sich die neue Methode als großer Vorteil erweisen: Fingerabdrücke dienen schon lange dazu, Schlussfolgerungen über die Anwesenheit von Verdächtigen an Tatorten zu treffen. Allerdings konnten bisher kaum Aussagen darüber getroffen werden, wann genau die Abdrücke hinterlassen wurden. Eine präzisere Bestimmung des Alters wäre aber hilfreich, um beispielsweise der Aussage eines Verdächtigen zu widersprechen, dass er den Tatort lange vor dem Zeitpunkt des Verbrechens besucht habe.
Weitere Untersuchungen zur Alterung von Fingerabdrücken seien aber notwendig. „Auch wenn noch weitere Studien notwendig sind, um im Detail zu verstehen, wie die personenspezifischen Lipidwerte den Triacylglycerid-Abbau beeinflussen, ist diese Analyse ein erster Schritt zur Entwicklung eines besseren Fingerabdruck-Alterstest. “ erklärt Lee. (Analytical Chemistry, 2020, doi: 10.1021/acs.analchem.9b04765)
Quelle: American Chemical Society