Chemie

Forscher entwickeln „Chamäleon-Katalysator“

Aluminiumoxid auf Graphen nimmt Merkmale verschiedener Katalysatoren an

Katalysator
Ein elektronisch steuerbares Kombi-Material kann je nach Stromzufuhr seine Katalysator-Eigenschaften verändern. © Onn et al./ Journal of the American Chemical Society, CC-by-nc-nd 4.0

Veränderbare Eigenschaften: US-Forscher haben eine Beschichtung entwickelt, die auf Knopfdruck die Merkmale verschiedener Katalysatoren annehmen kann. Je nach Stromzufuhr verändert das aus Aluminiumoxid und Graphen auf Silizium bestehende „Chamäleon-Material“ seine elektrochemischen Eigenschaften und kann so unterschiedliche Reaktionen katalysieren. Dies könnte seltene und teure Katalysatoren ersetzen helfen und die Erzeugung von Chemikalien oder Wasserstoff erleichtern.

Ob Wasserspaltung, Produktion von alternativen Treibstoffen oder Synthese wichtiger Chemie-Rohstoffe: Ohne Katalysatoren geht in der Chemie kaum etwas. Sie gehen vorübergehende Bindungen mit den Reaktionspartnern ein und erleichtern durch Abgabe oder Aufnahme von Elektronen deren Reaktionen untereinander. Wegen ihrer besonderen elektrochemischen Eigenschaften kommen als Katalysatoren oft seltene und wertvolle Metalle wie Ruthenium, Platin, Palladium oder Rhodium zum Einsatz.

Chemäleon-Katalysator
Aufbau des „Chamäleon-Katalysators“. © Onn et al./ Journal of the American Chemical Society, CC-by-nc-nd 4.0

Raffinierte Schichtung

Doch es könnte auch einfacher und günstiger gehen – durch ein „Chamäleon-Material“, das quasi auf Knopfdruck die Eigenschaften dieser edlen Katalysatoren annehmen kann. Tzia Ming Onn von der University of Minnesota und seine Kollegen entwickelten diese katalytisch wandelbare Beschichtung durch eine raffinierte Kombination von nanometerdünnen Schichten mit speziellen elektrochemischen Eigenschaften.

Die Chamäleon-Beschichtung besteht aus einer Siliziumbasis, auf der eine 70 Nanometer dünne dielektrische Schicht aus Hafniumdioxid liegt. Darauf kommt als entscheidende Komponente erst eine dünne Graphenschicht, dann eine nur vier Nanometer dünne Deckschicht aus amorphem
Aluminiumoxid. „Aluminiumoxid ist ein Metallkatalysator, der häufig für säurevermittelte chemische Umwandlungen eingesetzt wird“, erklärt das Team.

Steuerbare elektrochemische Eigenschaften

Der Clou jedoch: Wird an diese Beschichtung Strom angelegt, verändert dies die Verteilung von Elektronen und Elektronenlöchern an der Oberfläche des Materials – und damit auch seine elektrochemischen Eigenschaften. Fachsprachlich bezeichnen die Forscher ihre Schichtkonstruktion daher als „verunreinigten Halbleiter mit einer hohen Dichte von elektronischen Bandlücken-Zuständen“. Das Kombi-Material kann dadurch je nach angelegter Spannung die Eigenschaften verschiedener herkömmlicher Katalysatoren annehmen.

„Normalerweise wollen Atome ihre Elektronenzahl nicht verändern, aber unser katalytischer Kondensator erlaubt es uns, die Zahl der Elektronen auf der Oberfläche dieses Katalysators zu kontrollieren“, erklärt Seniorautor Paul Dauenhauer von der University of Minnesota. Die Aluminiumoxidschicht veränderte je nach Höhe der angelegten Spannung den Säuregrad ihrer Oberfläche und die Fähigkeit, die Reaktionstemperatur von chemischen Prozessen zu senken.

Neue Möglichkeiten für die Katalyse

Nach Ansicht der Wissenschaftler eröffnet ihr „Chamäleon-Material“ neue Möglichkeiten, chemische Reaktionen zu erleichtern und dabei teure und seltene Metallkatalysatoren zu ersetzen. „Dies bietet uns völlig neue Möglichkeiten, chemische Reaktionen zu kontrollieren und häufig vorkommende Materialien wie Edelmetalle reagieren zu lassen“, sagt Dauenhauer. Nützlich wäre dies unter anderem bei der Produktion von synthetischen Kraftstoffen aus erneuerbaren Energien, aber auch der Herstellung nachhaltigerer Materialien.

„Wir sehen den katalytischen Kondensator als Plattform-Technologie, die für eine ganze Reihe von Produktionsprozessen eingesetzt werden kann“, erläutert Dauenhauers Kollege Dan Frisbie. „Das Kern-Design und die Komponenten können so modifiziert werden, dass sie für fast jede Chemie einsetzbar sind, die wir uns vorstellen können.“ Erste Tests solcher Anwendungen sind bereits in Planung. (Journal of the American Chemical Society, 2022; doi: 10.1021/jacsau.2c00114)

Quelle: University of Minnesota

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