Chemie

Forscher erzeugen Benzin aus Sägespänen

Neues Verfahren wandelt Zellulose effektiv in nützliche Kohlenwasserstoffe um

Sägespäne - kein Abfall, sondern wertvoller Rohstoff für Benzin-Vorläufer © KU Leuwen

Sägespäne statt Erdöl: Belgische Forscher haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sich Zellulose aus Holzabfällen und Pflanzenresten effektiv in nutzbare Kohlenwasserstoffe umwandeln lässt. Ein Katalysator, Hitze und Druck zerlegen dabei die Zellulose in einem speziellen Reaktor. Die so erzeugten Kohlenwasserstoffe lassen sich mit herkömmlichen Methoden zu Benzin, aber auch Bausteinen für die chemische Industrie raffinieren.

Ob in Gras, Holz, Altpapier oder Stroh – Zellulose ist in der Natur und in vielen unserer Abfallstoffe reichlich vorhanden. Bisher allerdings wird sie für die Energiegewinnung kaum genutzt – außer beim Verbrennen von Biomasse. „Vom ökonomischen Standpunkt her hat Zellulose aber viel Potenzial“, erklärt Seniorautor Bert Sels von der Katholischen Universität Leuwen. „Sie ist im Prinzip Pflanzenabfall und konkurriert daher nicht mit Nahrungspflanzen, wie es Energiepflanzen für Bioethanol tun.“

Verbindungen geknackt

Zellulose enthält bereits Ketten aus Kohlenwasserstoffen – und damit im Prinzip den Rohstoff, aus dem ein Treibstoff für Verbrennungsmethoden gewonnen werden kann. Doch diese Ketten sind stark gebunden. „Wir haben nach einer Methode gesucht, diese Ketten zu erhalten, aber den Sauerstoff, der sie verknüpft, loszuwerden“, sagt Sels. Denn nur dann lassen sich diese Kohlenwasserstoffe als Benzin verwenden.

Beau Op de Beeck, Sels und seine Kollegen haben nun eine katalytische Methode entwickelt, bei der genau diese Umwandlung in nur einem Schritt passiert. In ihrem Labor bauten sie dafür einen Versuchsreaktor. Dieser enthielt Wasserstoff mit einer Verbindung aus Ruthenium und Kohlenstoff als Katalysator und eine wässrige Phase mit einer Säure. In dieses Gefäß füllten sie Sägespäne ein und erhitzten das ganze unter Druck.

Das Prinzip des Umwandlungs-Verfahrens © Op de Beeck et al./ Energy & Environmental Science

82 Prozent Ausbeute

„Es braucht ungefähr einen halben Tag, um die Zellulose in den Sägespänen in Alkane, gesättigte Kohlenwasserstoffketten umzuwandeln“, berichtet Koautor Bert Lagrain von der KU Leuwen. Unter optimalen Bedingungen wird die mikrokristalline Zellulose zu 82 Prozent in N-Hexan und andere lösliche Ketten konvertiert, Gase und Teerprodukte fallen dabei kaum an, so die Forscher. Aus diesen Alkanen können dann in einem nächsten Schritt mit etablierten Methoden Benzin und andere Treibstoffe hergestellt werden.

„Im Prinzip erlaubt uns diese Methode, ein ‚petrochemisches‘ Produkt aus Biomasse herzustellen“, sagt Sels. Mit dem auf diese Weise hergestellten Treibstoff könnte ein Teil des erdölbasierten Benzins ersetzt werden, quasi als grüner Zusatz. Im Unterschied zu Biodiesel und Co wäre dabei aber nur der Herstellungsweg ein anderer, das Endprodukt wäre ganz normales Benzin. Vor allem in Europa, wo es nur wenig Erdöl und bisher kein Fracking gibt, könnte dieses Verfahren nach Ansicht der Forscher daher sehr nützlich sein.

Nicht nur Benzin…

Aber die Einsatzmöglichkeiten des neuen Verfahrens gehen über Treibstoffe hinaus, wie die Wissenschaftler betonen: „Die grünen Kohlenwasserstoffe können auch für die Produktion von Ethylen, Propylen und Benzol genutzt werden – den Bausteinen von Kunststoffen, Schaumstoff, Nylon, Beschichtungen und vielem mehr“, so Sels.

In der chemischen Industrie werden heute besonders fünf- bis sechskettige Kohlenwasserstoffe benötigt, leichtes Nafta im technischen Jargon. Denn diese sind aus Rohöl oder Schiefergas nur mit großem Aufwand zu gewinnen. „Aus Zellulose gewonnene Kohlenwasserstoffe können hier eine Alternative bieten“, sagt Sels.

Die Forscher haben ihr Verfahren bereits zum Patent angemeldet. Sie hoffen, dass es bald auch in großem Maßstab eingesetzt wird. „Wie robust und effektiv es ist, zeigt sich darin, dass es selbst Sägespäne problemlos umwandeln kann“, so Op de Beeck und seine Kollegen. (Energy & Environmental Science, 2014; doi: 10.1039/C4EE01523A)

(KU Leuwen, 26.11.2014 – NPO)

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