Wellen in V-Formation: Zum ersten Mal ist es Forschern gelungen, eine Kielwelle aus lichtähnlichen Wellen auf einer Metalloberfläche zu erzeugen. Diese Plasmone bildeten nicht nur das typische V-Muster, sie ließen sich auch gezielt durch den Winkel des einfallenden Lichts manipulieren. Diese Technik könnte ganz neue Anwendungen im Bereich der Nanooptik ermöglichen, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Nanotechniology“ berichten.
Ob ein Boot über das Wasser rast oder ein Düsenjet die Schallmauer durchbricht – beide ziehen eine Spur aus charakteristischen Wellen hinter sich her. Diese V-förmige Wellenzone entsteht immer dann, wenn sich etwas schneller durch ein Medium bewegt als die Wellen, die es erzeugt. Auch das Licht kann solche Kielwellen bilden. Denn obwohl im Vakuum nichts schneller sein kann als das Licht, kann in speziellen Medien durchaus etwas schneller sein und eine Kielwelle aus Licht hinter sich herziehen.
Kielwelle auf Goldfolie
Wie dies praktisch möglich ist, haben nun Patrice Genevet von der Harvard University und seine Kollegen in einem Experiment belegt. Dafür nutzten sie eine dünen Goldschicht, in die winzige Schlitze unterschiedlicher Ausrichtung eingeätzt waren. Abstand und Richtung der Schlitze waren so berechnet, dass sie die Phase des einfallenden polarisierten Lichts auf spezielle Weise beeinflussten.
Fällt nun ein Strahl zirkular polarisierten Lichts auf dieses Metamaterial, löst dies eine schnelle Bewegung von Ladungen auf der Oberfläche aus. Diese bewegt sich schneller als der Lichtstrahl und hinterlässt daher hinter sich ein V-förmiges Muster aus lichtähnlichen Oberflächenwellen, sogenannten Plasmons. Diese sind allerdings normalerweise nicht sichtbar. „Um sie zu sehen, nutzten wir eine Technik, die die Plasmons per Glasfaseroptik aufnimmt und dann daraus ein Bild erzeugt“, erklärt Antonio Ambrosio von der Universität Neapel.
Wellenmuster gezielt manipuliert
Die Forscher beschreiben ihre Kielwellen aus Plasmons als zweidimensionales Analogon zu Tscherenkow-Strahlung. Diese entsteht beispielsweise, wenn ein Neutrino durch den Tank eines Neutrinodetektors rast und dabei Elektronen aus der Hülle der Atome schlägt. Dieses rast so schnell durch das Wasser, dass es eine bläuliche Kielwelle aus Licht hinterlässt – die Tscherenkow-Strahlung.
Aber nicht nur das: Indem die Forscher den Winkel des einfallenden Lichts auf dem Gold veränderten, konnten sie gezielt die Form und Ausrichtung der Kielwelle beeinflussen. Sogar ein Umkehren dieses V-Musters aus Wellen gelang ihnen dadurch – als wenn ein Boot eine Kielwelle hätte, die in die andere Richtung liefe als es selbst.
Neue Anwendungen möglich
„Licht in Skalen zu kontrollieren und zu manipulieren, die unter seiner Wellenlänge liegen, ist extrem schwierig“, erklärt Koautor Daniel Wirtz von der Harvard University. „Es ist daher wichtig, dass wir diese Kielwellen nicht nur beobachtet haben, sondern dass wir verschiedene Wege gefunden haben, um sie zu steuern.“ Die Entdeckung, dass sich auch mit Licht Kielwellen erzeugen lassen, ist nicht nur für die Nanooptik und Physik wichtig, sie könnte auch neue Anwendungen möglich machen.
So könnten plasmonische Hologramme damit erzeugt werden, aber auch Linsen, die das Licht auf der Nanoebene auf neue Weise fokussieren und manipulieren. „Unser Verständnis der Optik im Makrokosmos hat zu Hologrammen, Google Glas und LEDs geführt, um nur einige Anwendungen zu nennen“, sagt Seniorautor Federico Capasso von der Harvard University. Die Nanooptik aber habe einen großen Anteil an der Zukunft der Nanotechnologie – und werde daher auch dort neue Technologien ermöglichen. (Nature Nanotechnology, 2015; doi: 10.1038/nnano.2015.137)
(Harvard University, 07.07.2015 – NPO)