Technik

Forscher konstruieren die kleinste Dampfmaschine der Welt

Nur wenige Mikrometer großer Motor ist genauso effizient wie sein großes Gegenstück

Funktionsprinzip der Mikro-Wärmekraftmaschine: Ein drei Mikrometer großes Kuststoffkügelchen bewegt sich, angetrieben durch Wärmeunterschiede in einem Laserstrahl; durch diese Bewegung verrichtet es Arbeit ähnlich wie der Kolben eines Stirlingmotors oder einer Dampfmaschine. © Fritz Höffeler / Art For Science

Forscher haben erstmals eine durch Wärme angetriebene Maschine konstruiert, die nur wenige tausendstel Millimeter groß ist. Statt mit Dampf ist sie mit einem winzigen Kunststoffkügelchen in Wasser gefüllt. Dieses wird per Laser abwechselnd erhitzt und abgekühlt. Den beweglichen Kolben einer normalen Dampfmaschine ersetzt im Mikromaschinchen ein Laserstrahl, der auf die Bewegungen des Kunststoffkügelchens reagiert. „Wir haben so die kleinste Dampfmaschine, genauer gesagt den kleinsten Stirling-Motor der Welt entwickelt und festgestellt, dass die Maschine tatsächlich Arbeit verrichtet“, sagt Studienleiter Clemens Bechinger von der Universität Stuttgart. Gemeinsam mit seinem Kollegen Valentin Blickle berichtet er im Fachmagazin „Nature Physics“ über die Mikrokonstruktion.

In der vor knapp 200 Jahren von Robert Stirling erfundenen Wärmekraftmaschine wird ein mit Gas gefüllter Zylinder abwechselnd erhitzt und abgekühlt. Dadurch dehnt sich das Gas aus und zieht sich anschließend wieder zusammen. Durch diese Volumenunterschiede wird der Kolben des Motors in Bewegung versetzt und kann nun beispielsweise ein Rad antreiben. „Uns ist es nun gelungen, die essenziellen Teile einer Wärmemaschine wie Arbeitsgas und Kolben auf nur wenige Mikrometer zu verkleinern und diese dann zu einer Maschine zusammenzusetzen“, sagt Blickle.

Kunststoffkugel statt Arbeitsgas

Allerdings habe man wegen der eigenen Gesetzmäßigkeiten in der Mikrowelt den winzigen Motor nicht nach dem genauen Bauplan des Vorbilds konstruieren können. So besteht das Arbeitsgas im Stuttgarter Experiment nicht mehr aus unzähligen Molekülen, sondern nur noch aus einem einzelnen, etwa drei Mikrometer großen Kunststoffkügelchen, das in Wasser schwebt. Den Kolben, der sich in einem Zylinder periodisch auf und ab bewegt, ersetzen die Physiker durch einen fokussierten Laserstrahl, dessen Intensität periodisch variiert wird.

Genauso wie der Kessel einer Dampfmaschine wird auch die Mikromaschine von außen erhitzt. Das Kohlefeuer einer altertümlichen Dampfmaschine ersetzten die Forscher jedoch durch einen weiteren Laserstrahl, der das Wasser und mit ihm das Kunststoffkügelchen schlagartig erhitzt, aber auch plötzlich wieder abkühlen lässt, sobald er ausgeschaltet wird.

Maschine stottert, aber leistet Arbeit wie eine große

Dass die Maschine auch im Mikromaßstab funktioniert sei nicht unbedingt zu erwarten gewesen. „Denn die Maschine ist so klein, dass ihre Bewegung von mikroskopischen Prozessen gestört wird, die in der Makrowelt keine Rolle spielen“, sagt Bechinger. Die Wassermoleküle bewegen sich bei Wärme ständig leicht hin und her und stoßen dabei mit dem Kunststoffkügelchen zusammen. Dieses verliert dadurch immer wieder Energie – die Maschine stottert. Umso erstaunlicher sei es, dass die Mikromaschine trotzdem im Durchschnitt genauso viel Energie in Arbeit umwandle wie ihr makroskopisches Gegenstück, sagen die Forscher. Unter Voll-Last laufe sie mit derselben Effizienz wie ein großer Stirlingmotor.

Das Experiment zeige, dass die Umwandlung von Wärme in Bewegung auch im Mikromaßstab grundsätzlich funktioniere. „Obwohl unsere Maschine im Moment noch keine nützlichen Arbeiten verrichtet, gibt es also keine prinzipiellen thermodynamischen Hindernisse“, sagt Bechinger. Damit stehe der Konstruktion von hocheffizienten, kleinen Wärmekraftmaschinen prinzipiell nichts im Wege. (Nature Physics, 2011; doi:10.1038/nphys2163)

(Max-Planck-Gesellschaft, 13.12.2011 – NPO)

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