Erbmolekül als Gleichrichter: Forscher haben erstmals eine Diode aus einem DNA-Strang konstruiert. Durch Einfügen eines Zusatzmoleküls veränderten sie die elektronischen Eigenschaften der Erbsubstanz so, dass sie Strom nur in eine Richtung durchließ. Die DNA wurde damit zu einem elektrischen Gleichrichter – und zur kleinsten Diode der Welt. Dies eröffne ganz neue Möglichkeiten der molekularen Elektronik, sagen die Forscher im Fachmagazin „Nature Chemistry“.
Dioden kennen wir meist als LED oder als Fotodioden, doch diese elektronischen Bauteile sind weitaus vielseitiger. Sie fungieren im Prinzip als eine Art Ventil, das Strom in einer Richtung ungehindert passieren lässt, in der anderen aber nicht. Dadurch können sie beispielsweise als Gleichrichter Wechselstrom in Gleichstrom umwandeln und dienen der Stabilisierung der Spannung in vielen Geräten.
DNA als Elektronik-Bauteil?
Im Zuge der Miniaturisierung suchen Forscher auch bei den Dioden nach Möglichkeiten, diese bisher aus Halbleitermaterialien wie Silizium bestehenden Bauteile weiter zu verkleinern. Eine mögliche Strategie dafür sind Dioden aus komplexen Molekülen wie dem Erbmaterial DNA. Sie gilt wegen ihrer Doppelhelix-Struktur und der modularen Bauweise aus Basenpaaren als besonders vielseitig und abwandelbar. Für Dioden eignete sich die DNA pur bisher jedoch nicht.
Guo und seine Kollegen haben nun einen Weg entdeckt, wie sie die DNA zur Diode machen können: indem sie diese mit einem Zusatzmolekül koppelten. Für ihr Experiment konstruierten die Forscher zunächst einen DNA-Strang aus elf Basenpaaren, den sie in einen elektronischen Schaltkreis einbauten. Wie erwartet, passierte die Spannung das Molekül, ohne dabei sonderlich beeinflusst zu werden.
Molekül als Gleichrichter
Doch das änderte sich, als die Forscher zwei Exemplare eines sogenannten Coralyne-Moleküls in den DNA-Strang einschleusten. Dieses aus mehreren gekoppelten Kohlenwasserstoffringen bestehende Molekül lagert sich an die DNA-Base Adenosin an und verändert dadurch die Elektronenverteilung und die elektrischen Eigenschaften der DNA drastisch, wie sich zeigte.
Das manipulierte DNA-Molekül verhielt sich nun wie eine Diode: In eine Richtung ließ es kaum Strom durch, in der anderen erhöhte es die Spannung dagegen um das 15-fache, wie die Forscher berichten. „Angesichts der scheinbaren strukturellen Symmetrie des DNA-Coralyne-Komplexes war dies ein völlig unerwarteter, der Intuition widersprechender Fund – damit haben wir einen molekularen Gleichrichter aus DNA konstruiert“, konstatieren Guo und seine Kollegen
Nach Ansicht der Forscher eröffnet diese Entdeckung neue Strategien für künftige Elektronik. „Die kleinste Diode der Welt zu erschaffen und zu charakterisieren, ist ein bedeutender Meilenstein in der Entwicklung molekularer elektronischer Bauteile“, sagen sie. Zudem bestätigt diese Errungenschaft, dass die elektronischen Transporteigenschaften der DNA durch strukturelle Modifikationen maßgeschneidert werden können. (Nature Chemistry, 2016; doi: 10.1038/nchem.2480)
(Nature, 05.04.2016 – NPO)