Miniaturisierung extrem: US-Forscher haben den bisher kleinsten Transistor aus Halbleitermaterial konstruiert. Ihr Bauteil besteht aus einer Molybdänverbindung statt aus Silizium und nutzt ein Kohlenstoff-Nanoröhrchen als Gate. Diese Bauweise verringert quantenphysikalische Störeffekte und erlaubt eine Miniaturisierung über die für Silizium als möglich geltende Grenze hinaus, wie die Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten.
Unsere Elektronik wird immer kleiner und leistungsfähiger – noch. Doch der Miniaturisierung sind Grenzen gesetzt: Unterhalb bestimmter Größen kommen quantenphysikalische Effekte zum Tragen, wodurch Elektronen zwischen Leiterbahnen „tunneln“ können. Bei einem Transistor kommt es dadurch zu Lecks im Stromfluss. „Das bedeutet, dass wir den Transistor nicht mehr abschalten können, die Elektronen geraten außer Kontrolle“, erklärt Studienleiter Sujay Desai von der University of California in Berkeley.
Molybdän-Verbindung statt Silizium
Wegen dieser Quanteneffekte näheren sich die Silizium-Transistoren inzwischen ihrem Miniaturisierungs-Limit: Die kleinsten Modelle auf dem Markt haben Gates von rund 20 Nanometern Länge, fünf Nanometer gelten als kleinster noch funktionsfähiger Wert. Wie sich diese Barriere noch weiter absenken lässt, haben Desai und seine Kollegen nun untersucht – und herausgefunden.
Die Forscher haben den Prototyp eines Transistors entwickelt, der das kleinste jemals konstruierte Bauteil dieser Art darstellt. Statt Silizium nutzt ihr Transistor das Halbleitermaterial Molybdän-Disulfid (MoS2). Dieses geschichtete Material gehört den Übergangsmetall-Dichalcogeniden, einer Stoffgruppe, die wegen ihrer elektronischen Eigenschaften als vielversprechender Rohstoff für LEDs, Laser oder Solarzellen gilt.
Gate aus einem Kohlenstoff-Nanoröhrchen
In diesen Halbleiter eingebettet ist als Gate des Transistors ein Kohlenstoff-Nanoröhrchen von nur einem Nanometer Länge – das ist 50.000 Mal dünner als ein menschliches Haar. Dass sich solche Nanoröhrchen grundsätzlich als Transistoren-Bauteile eignen hatten Forscher bereits vor einigen Jahren mit einem Nanotube-Computer unter Beweis gestellt.
„Unser Bauteil ist der kürzeste Transistor bisher“, sagt Desais Kollege Ali Javey. Zwar gibt es schon Transistoren aus nur einem Atom, diese funktionieren aber nur bei Kühlung mit flüssigem Helium. „Unser Gerät zeigt, dass es mit der richtigen Wahl der Materialien noch mehr Spielraum für eine Miniaturisierung unserer Elektronik gibt.“
Weniger Störeffekte – weniger Stromverbrauch
Wie sich im Experiment zeigte, blieben bei diesem Bauteil trotz der geringen Größe die quantenphysikalischen Störeffekte gering. „Es hat eine um mehr als zwei Größenordnungen geringere Leckage-Spannung als sein Silizium-Gegenstück“, berichtet Koautor Moon Kim von der University of Texas. „Dadurch verbraucht dieser Transistor deutlich weniger Strom.“
Elektronische Geräte und Chips mit solchen Transistoren könnten daher kleiner werden und gleichzeitig effektiver arbeiten. „Ein Smartphone mit dieser Technologie müsste dann nicht mehr so oft aufgeladen werden“, sagt Kim.
Noch allerdings ist ihr neuer Mini-Transistor nur ein Prototyp. Er muss erst noch beweisen, dass er genauso gut funktioniert, wenn man ihn dicht an dicht auf einen Chip setzt. Zudem gibt es bisher noch keine Maschinen, die solche Transistoren in Massenanfertigung herstellen könnten. Dennoch sehen die Forscher in ihrem Prototyp einen wichtigen Schritt hin zu neuartigen, kleineren Elektronikbauteilen. (Science, 2016; doi: 10.1126/science.aah4698)
(DOE/Lawrence Berkeley National Laboratory, 07.10.2016 – NPO)