Besitzen Elektronen neben Masse, Ladung und Spin noch eine vierte Eigenschaft, wie es beispielsweise die „Supersymmetrie“, vorhersagt? Forscher haben jetzt virtuell ein neues Material entwickelt, das zehnfach genauere Messungen als bisher ermöglicht und so den Weg zur Entdeckung eines elektrischen Dipolmoments beim Elektron ebnen könnte. Den Versuchsaufbau für die Messungen gibt es betreits, wie die Forscher in „Nature Materials“ berichten.
Elektronen sind negativ geladene Elementarteilchen; sie bilden die Hülle von Atomen und Ionen. So oder so ähnlich kann man es im Schulbuch nachlesen. Doch in Kürze könnte eine Ergänzung nötig werden. Denn viele Physiker glauben, dass Elektronen ein permanentes elektrisches Dipolmoment tragen. Ein elektrisches Dipolmoment entsteht normalerweise bei räumlicher Trennung von positiver und negativer Ladung. Analog zu Nord- und Südpol bei einem Magneten gibt es dann zwei elektrische Pole. Beim Elektron ist die Lage wesentlich komplizierter, weil Elektronen eigentlich keine räumliche Ausdehnung haben sollten. Dennoch setzen eine ganze Reihe physikalischer Theorien, die über das Standardmodell der Elementarteilchenphysik hinaus gehen, auf die Existenz des Dipolmoments.
Diese Theorien wiederum würden erklären, warum das Universum überhaupt in der uns bekannten Form entstehen konnte. Denn nach gängiger Theorie hätte beim Urknall vor etwa 13,7 Milliarden Jahren genauso viel Materie wie Antimaterie entstehen müssen. Und da beide sich auslöschen, wäre nichts geblieben. Tatsächlich entstand aber offensichtlich mehr Materie als Antimaterie. Ein elektrisches Dipolmoment von Elektronen könnte das Ungleichgewicht erklären. Doch noch ist es niemandem gelungen, das prophezeite winzige Dipolmoment nachzuweisen. Bisherige Methoden sind schlicht nicht empfindlich genug.
Europium-Barium-Titanat macht Messungen empfindlicher
Ein kleines Stückchen Keramik soll das bald ändern. Marjana Ležaic und Konstantin Rushchanskii vom Institut für Festkörperphysik am Forschungszentrum Jülich sowie Professor Nicola Spaldin von der Universität von Kalifornien in Santa Barbara haben diese Keramik, die ganz spezielle Eigenschaften hat, mit dem Jülicher Supercomputer JUROPA in einem virtuellen Labor entworfen. Mit dem neuen Europium-Barium-Titanat sollen Messungen zehnmal empfindlicher werden als bisher. „Das könnte schon ausreichen, um das elektrische Dipolmoment der Elektronen zu finden“, sagen die Jülicher Physiker.