Noch immer fallen in Fukushima jeden Tag Tonnen von radioaktiv verseuchtem Kühlwasser an. Wie dieses entsorgt oder gereinigt werden soll, ist unklar. Japanische Forscher haben dazu nun eine Idee: Wie sie feststellten, können einige Algen und Wasserpflanzen radioaktive Elemente sehr effektiv aus dem Wasser entfernen. Sie könnten daher eingesetzt werden, um das Kühlwasser biologisch zu dekontaminieren. Für das Meerwasser vor der Küste Fukushimas wird das jedoch nicht funktionieren, denn Salzwasserarten erwiesen sich als wenig effektiv.
Japan kämpft weiterhin gegen die Folgen der Atomkatastrophe von Fukushima – und ein Ende ist nicht in Sicht. Erst an Weihnachten 2013 stellte sich heraus, dass einige Tanks, in denen das radioaktiv verseuchte Kühlwasser gelagert wird, erneut lecken. Mindestens 225 Tonnen dieses Wassers sollen in das umliegende Erdreich gesickert sein, berichtete die Betreiberfirma Tepco. Messungen zeigen, dass allein Strontium für eine Radioaktivität von 440 Becquerel pro Litern sorgt.
Immer mehr radioaktiv verseuchtes Wasser
„Die Menge des radioaktiv verseuchten Wassers steigt von Tag zu Tag, weil die Reaktoren weiterhin kontinuierlich gekühlt werden müssen und zudem Grundwasser in den defekten Gebäude sickert“, erklärt Yoshihiro Shiraiwa von der Universität Tsukuba in Japan. Das Problem dabei: Die Tanks, die dieses Wasser auffangen sollen, füllen sich immer mehr und werden zudem marode. „Es muss daher dringend eine Möglichkeit gefunden werden, wie eine so große Menge an kontaminiertem Wasser gereinigt und dessen Gehalt an Radionukliden auf eine umweltverträgliche Menge reduziert werden kann.“
Auf der Suche nach geeigneten Methoden haben Shiraiwa und seine Kollegen gezielt Helfer aus der Natur auf ihre Eignung geprüft. Für ihre Studie analysierten sie, wie gut 188 verschiedene Stämme von Algen und Wasserpflanzen radioaktives Cäsium, Strontium und Jod aus Süß- oder Salzwasser aufnehmen und damit entfernen können.
Algen entfernen bis zu 90 Prozent der Radionuklide
Die gute Nachricht: Im Süßwasser fanden die Forscher rund zwei Handvoll von Algenstämmen, die Cäsium, Strontium oder Jod effektiv aufnehmen. Eine der Arten, die begeißelte Mikroalge, entfernte sogar mehr als 90 Prozent des dem Waser zugesetzten Cäsiums, ohne dass dafür besondere Bedingungen nötig waren. Die verbreitete Blaualge Nostoc commune war beim Jod die erfolgreichste, sie schaffte immerhin 66 Prozent.
Aber auch eine japanische Wasserlinsenart erwies sich als guter Wasserfilter, sie entfernte immerhin noch 66 Prozent des Cäsiums und 37 Prozent des radioaktiven Jods aus dem Wasser. „Weil diese Arten leicht zu ernten und zu trocknen sind, sind sie gut geeignet, um große Mengen kontaminierten Wassers zu reinigen“, so die Forscher. Allerdings: „Wir konnten keine Art finden, die für alle drei Radionuklide effektiv ist.“ Um eine gute biologische Reinigung des Wassers zu erzielen, müssten daher immer mindestens zwei verschiedene Arten eingesetzt werden.
Kaum Erfolg beim Meerwasser
Für die verseuchten Meeresgebiete vor der Küste von Fukushima scheint es dagegen keine so einfache Lösung zu geben. „Wir konnten keine marinen Algen oder Wasserpflanzen identifizieren, die eines dieser Radionuklide ausreichend effektiv aus dem Wasser entfernten“, so Shiraiwa und seine Kollegen. Sie vermuten, dass dies an dem höheren Gehalt an konkurrierenden Elementen im Meerwasser liegt. Dieses ist reich an Kalzium, Kalium und nichtradioaktivem Jod. Die Pflanzen nehmen diese Elemente wahrscheinlich bevorzugt, so dass ihre Kapazität für die Aufnahme der Radionuklide sinkt.
Aber immerhin: Die Wissenschaftler identifizierten insgesamt 17 Süßwasser-Algen und -Wasserpflanzen, die in stark radioaktivem Wasser sowohl überleben können, als auch dieses Wasser von Radionukliden reinigen. Einige von ihnen könnte daher gut eingesetzt werden, um die radioaktive Belastung des zum Kühlen der Reaktoren genutzten Wassers zu senken. „Unsere Forschungsergebnisse liefern eine wichtige Strategie zur Reduzierung der radioaktiven Belastung in der Region Fukushima“, erklärt Shiraiwa.
Die Reinigung von radioaktiv verseuchtem Boden und Wasser durch den Einsatz von Pflanzen sei nicht nur sinnvoll, sondern auch unverzichtbar. Bis allerdings die biologischen Helferlein tatsächlich in den Tanks von Fukushima ihre Arbeit tun können, müssen die Forscher erst noch Methoden der Massenvermehrung für diese Algen optimieren und auch die Verfahren testen, mit denen die kontaminierten Algen hinterher wieder aus dem Wasser entfernt werden. (Journal of Plant Research, 2014; doi: 10.1007/s10265-013-0596-9)
(J. Plant Res., 10.01.2014 – NPO)