Schnelle Kugel: Fullerene lassen sich zu elektronischen Schaltern umfunktionieren, die bis zu eine Million Mal schneller sind als die Transistoren in gängigen Mikrochips, wie ein Experiment mit den Hohlkugeln aus Kohlenstoffatomen nun demonstriert. Gezielte Laserpulse ändern dabei den elektrochemischen Zustand des Fullerens, wodurch Elektronen entweder abgelenkt werden oder weiterfliegen. Theoretisch könnten die „Buckyballs“ damit künftig eine schnellere und leistungsfähigere Mikroelektronik ermöglichen.
Kohlenstoff ist eines der vielseitigsten Elemente im Periodensystem, es kann unzählige Strukturvarianten bilden – vom Diamant über Graphit bis hin zum einlagigen Graphen, den vielseitig einsetzbaren Kohlenstoff-Nanoröhrchen oder den kugelförmigen Buckminster-Fullerenen. Diese Hohlkugeln bestehen aus 60 Kohlenstoffatomen, die in einem Gitter aus Fünf- und Sechsecken angeordnet sind. Sie gelten als vielversprechende Katalysatoren und Halbleiter in organischen Solarzellen, aber auch als Transportmoleküle und Radikalfänger in der Medizin.
Fulleren lenkt Elektronen kontrolliert um
Eine weitere vielversprechende Einsatzmöglichkeit haben nun Physiker um Hirofumi Yanagisawa von der Universität Tokio entdeckt. In Vorversuchen hatten sie bereits festgestellt, dass Fullerene Elektronen in spezifischen Mustern emittieren, wenn sie auf eine dünne Metallspitze appliziert und einem elektrischen Feld ausgesetzt werden. In ihrem aktuellen Experiment nutzten die Physiker ultrakurze Laserpulse, um den Anregungszustand und de Orientierung der Kohlenstoffhohlkugeln gezielt zu beeinflussen.
Dabei zeigte sich: Das vom Laser angeregte Fulleren agiert wie ein Schalter. Es lenkt eintreffende Elektronen je nach Lichtpuls entweder in kontrollierbarer Weise um oder lässt sie unabgelenkt passieren – ähnlich wie eine Weiche in einem Eisenbahngleis. „Damit können wir kontrollieren, wie das Molekül eintreffende Elektronen steuert“, erklärt Yanagisawa. Im Prinzip funktioniert das Fulleren damit ähnlich wie ein als Schalter eingesetzter Transistor – ist aber sehr viel kleiner.
Bis zu eine Million Mal schneller als ein gängiger Transistor
Das Entscheidende jedoch: Dieser Schaltvorgang läuft mit enormer Geschwindigkeit ab. Im Experiment schaltete das Fulleren die Elektronen mehrere Größenordnungen schneller als Schaltkreise in gängigen Mikrochips. „Wir könnten mit dem Fulleren eine Schaltgeschwindigkeit erreichen, die eine Million Mal höher ist als bei einem klassischen Transistor“, sagt Yanagisawa. Das könnte elektronische Schaltkreise künftig schneller und kleiner machen.
„Genauso wichtig ist jedoch, dass wir das Fulleren durch gezielte Laserpulse dazu bringen könnten, mehrere Schaltvorgänge gleichzeitig durchzuführen“, erklärt der Physiker. „Das ist dann, als hätte man mehrere mikroskopisch kleine Transistoren in nur einem Molekül vereint.“ Mit einem solchen molekularen Mehrfachschalter ließe sich die Komplexität eines Schaltkreises erhöhen, ohne dass er physisch größer werden muss.
Chance auf leistungsfähigere Elektronik
Nach Ansicht der Forscher eröffnen Fulleren-Schalter damit neue Möglichkeiten, Computer und andere Elektronik schneller und kleiner zu machen. Theoretisch wäre dann nur ein kleines Netzwerk von Fullerenschaltern nötig, um Rechenaufgaben schneller zu absolvieren als herkömmliche Mikrochips. Allerdings: Bis es tatsächlich fullerenbasierte Transistoren und Schaltkreise gibt, wird es wohl noch dauern. Denn dafür müssen auch die zum Schalten benötigten Laser erst miniaturisiert und in Chips integriert werden. (Physical Review Letters, 2023; doi:10.1103/PhysRevLett.130.106204)
Quelle: University of Tokyo