Die Klimapolitik der G8-Staaten wird nicht ausreichen, um das Rennen gegen den Klimawandel zu gewinnen. Mit den bislang ergriffenen Maßnahmen werden sich die internationalen Vorgaben nicht erfüllen lassen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Untersuchung im Auftrag von WWF und Allianz SE, die die Klimapolitik der G8-Staaten und von fünf Schwellenländern im Vorfeld des G8-Gipfels in Japan analysiert hat.
{1l}
Der Bericht G8 Climate Scorecards 2008 wurde von Ecofys, einer unabhängigen Beratungsgesellschaft, erarbeitet und gestern in Berlin vorgestellt. Der Report enthält eine Rangfolge der G8-Staaten, die die klimapolitischen Leistungen der einzelnen Länder nach neun Kriterien bewertet. Berücksichtigt werden unter anderem die Emissionstrends der einzelnen Länder seit 1990. Ferner gibt es eine Aufstellung über die Anstrengungen der Länder in den Bereichen Energieeffizienz, erneuerbare Energien und CO2-Emissionshandel.
Laut den G8 Climate Scorecards 2008 liegt Großbritannien an der Spitze im Wettlauf gegen den Klimawandel und damit knapp vor Frankreich und Deutschland. Trotzdem reichen auch in diesen Ländern die erzielten Treibhausgasminderungen und die langfristig angelegten klimapolitischen Anstrengungen noch nicht aus, um das Ansteigen der globalen Durchschnittstemperatur auf maximal zwei Grad Celsius (°C) zu beschränken. Schlusslichter in der Rangliste sind Kanada und die USA.
Maßnahmen nicht ausreichend
„Keine der acht führenden Industrienationen hat ausreichende Maßnahmen ergriffen, um die globale Erwärmung auf unter 2°C Temperaturerhöhung zu begrenzen“, kommentierte Regine Günther, Leiterin Klima- und Energiepolitik des WWF in Deutschland, die Ergebnisse. „Uns bleiben nur noch zehn bis fünfzehn Jahre, in denen die weltweiten Emissionen ihren Höhepunkt erreicht haben und danach drastisch sinken müssen. Die Zeit läuft uns davon.“
Und Joachim Faber, Vorstandsmitglied der Allianz SE, ergänzte: „Die G8-Staaten haben eine wichtige Vorreiterrolle in den weltweiten Anstrengungen gegen den Klimawandel. Sie müssen den Weg in eine emissionsarme Wirtschaft bereiten, die auf CO2-arme Technologien und saubere Energie setzt.“
Auswirkungen des Klimawandels besser verstehen
Die Allianz als internationaler Finanzdienstleister unterstützt die Studie, um die Auswirkungen des Klimawandels besser zu verstehen. Das gilt insbesondere für ein sich wandelndes Anlage- und Regulierungsumfeld sowie die Möglichkeiten neuer Produktentwicklungen in den Märkten.
„Der Klimaschutz bietet große Chancen im Bereich der ‚sauberen Technologien‘. Die Allianz sieht hier ein erhebliches Potenzial für neue Kapitalanlagen, Wachstum und zusätzliche Arbeitsplätze. Um das Potenzial auch wirklich auszuschöpfen, ist ein globaler Markt für Emissionsrechte besonders wichtig“, so Faber.
Bindende Ziele zur Reduktion der Treibhausgasemissionen nötig
Der Bericht analysiert nicht nur den Status quo, sondern zeigt auch auf, wie das Engagement der G8-Staaten für den Klimaschutz verstärkt werden muss. So sollten sich etwa die Staatschefs auf dem kommenden G8-Gipfel in Japan auf bindende, langfristige Ziele zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen einigen. Nötig wären für die Industriestaaten bis zum Jahre 2050 Einsparungen von mindestens 80 Prozent, und davon möglichst bereits 40 Prozent bis zum Jahre 2020.
„Wir erhoffen uns vom Gipfel in Hokkaido eine Einigung auf weit reichende Emissionsminderungen in den G8-Staaten als Signal für die große UN Klimakonferenz im Dezember 2009 in Kopenhagen. Darüber hinaus sollten die G8-Staaten den Entwicklungsländern messbare finanzielle und technische Unterstützung zusagen, so dass diese sich auf den nicht mehr zu vermeidenden Klimawandel vorbereiten und CO2-arme Technologien einsetzen können“, so Günther.
Die Länderergebnisse im Einzelnen
Laut den G8 Climate Scorecards 2008 führt Großbritannien bei den Maßnahmen gegen den Klimawandel knapp vor Frankreich und Deutschland. Alle drei Länder haben aber bislang gerade einmal die Hälfte des Weges geschafft.
Großbritannien
Großbritannien wird voraussichtlich sein Kyoto-Ziel erreichen und hat neue innovative Klimagesetze eingeführt wie die „Climate Change Bill“. Großbritannien setzt sich stark für die Förderung des CO2-Emissionshandels ein. Es tut jedoch zu wenig, um die Nutzung von erneuerbaren Energien zu beschleunigen und Energieeffizienz zu fördern. Auch nimmt derzeit der Anteil der Kohle im Energiemix Großbritanniens zu. Das führt zu stetig steigenden Emissionen.
Frankreich
Frankreich belegt Platz 2 aufgrund seiner langfristigen Klimaziele, dem bisher Erreichten und seiner internationalen Klimapolitik. Allerdings schneidet das Land schlecht ab, wenn es darum geht seine kurzfristigen Ziele tatsächlich zu erreichen. Frankreich riskiert, seine gute Platzierung im nächsten Jahr zu verlieren.
Deutschland
Deutschland ist Spitzenreiter beim Einsatz erneuerbarer Energien und verfügt über rechtliche Rahmenbedingungen, die international vorbildlich sind. Deutschland hat zudem zwei Klimapakete zur Energieeffizienz und Klimapolitik verabschiedet. Allerdings hat das Land laut Bericht bislang nicht klar Position gegen Energiegewinnung aus Kohle bezogen. Außerdem würden – so der Bericht weiter – mehr und mehr Stromversorger planen, neue Kraftwerke mit Kohle und Braunkohle zu betreiben.
Italien
Italien, das auf Platz 4 rangiert, hat erste Anstrengungen gegen den Klimawandel in die Wege geleitet, allerdings wurden bisher nur wenige Maßnahmen auf nationaler Ebene konkret umgesetzt, und die Emissionen liegen weit über dem Kyoto-Ziel. Italien erzielt hingegen relativ gute Ergebnisse im Bereich Energieeffizienz.
Japan
Japan belegt den fünften Platz. Die japanischen Treibhausgasemissionen steigen stetig und das Land ist weit davon entfernt, seine Kyoto-Ziele zu erfüllen. Die Regierung hat noch keine mittelfristigen Emissionsminderungsziele bekannt gegeben. Den guten zweiten Platz im Bereich des CO2-Emissionshandels erhielt Japan aufgrund seines umfangreichen Einsatzes für Projekte in Entwicklungsländern im Rahmen des Clean Development Mechanismus der UN. Auf nationaler Ebene fehlt für den Emissionshandel aber weiterhin ein verbindlicher gesetzlicher Rahmen.
Russland
Russland liegt bei der Wertung auf einem der hinteren Plätze, da in den vergangenen acht Jahren die CO2-Emissionen gestiegen sind. Das Land hat nur wenige nationale Gesetze geplant und umgesetzt. Sollten die jüngsten Ankündigung der Regierung bezüglich der Steigerung der Energieeffizienz realisiert werden, könnte Russland in den kommenden Jahren besser abschneiden.
Kanada und die USA
Kanada und die USA sind die Schlusslichter in der Rangliste. Die Länder belegen Platz 7 und 8. Dies überrascht nicht angesichts der steigenden Emissionen und des hohen Energieverbrauchs in beiden Ländern. Vorhandene Potenziale für mehr Energieeffizienz könnten sehr viel besser ausgeschöpft werden. Dennoch gibt es Grund zur Zuversicht: Geplante US-amerikanische Gesetze haben das Potenzial, die CO2-Emissionen zu senken. US-amerikanische Unternehmen bereiten sich auf einen neuen CO2-Markt vor, was auch internationale Auswirkungen haben könnte. Die Regierungen beider Länder gehören bisher nicht zu den Befürwortern klimafreundlicher Lösungen, aber Initiativen auf bundesstaatlicher Ebene könnten dazu beitragen, dass sowohl Kanada als auch die USA in den kommenden Jahren besser abschneiden werden.
Schwellenländer
Die Studie analysiert auch die Klima- und Energiepolitik der fünf Schwellenländer Brasilien, China, Indien, Mexiko und Südafrika. Für diese Länder gibt es allerdings nicht eine Rangliste, da sie nicht mit den Industrieländern verglichen werden können. Hinsichtlich der Entwicklung des Energiemixes und der sich daraus ergebenden zukünftigen Emissionen existieren aber erhebliche Unterschiede zwischen diesen fünf Staaten. Entscheidend ist, wie die Industrieländer die Entwicklungs- und Schwellenländer darin unterstützen werden, ihren Treibhausgasausstoß zu verringern.
(WWF, 04.07.2008 – DLO)