Unkaputtbar und fragil zugleich: Das ungewöhnliche Verhalten der tränenförmigen Glastropfen verblüffte schon englische Könige. Denn der Kopf der Bologneser Tränen hält selbst Hammerschlägen stand, doch sie zerfallen sofort, wenn man ihr spitzzulaufendes Ende abbricht. Das Geheimnis ihres sensiblen Schwanzes wurde vor 20 Jahren gelüftet, doch den Grund für die Stabilität des Kopfes haben Forscher erst jetzt herausgefunden.
Wenn man heißes, flüssiges Glas tropfenweise in kaltes Wasser oder Öl fallen lässt, erstarrt das Glas sehr schnell und bildet tränenförmige Gebilde mit dickem Kopf und lang ausgezogenem Glasschwanz. Dass sich diese Glastränen ungewöhnlich verhalten, entdeckte bereits im frühen 17. Jahrhundert Prinz Ruprecht von der Pfalz, ein an der Naturforschung interessierter Adeliger. Er brachte sogar dem englischen König Charles II fünf dieser Tropfen mit und sorgte damit bei Hofe für beträchtliches Aufsehen.
Explosiver Zerfall…
„Seit rund 400 Jahren sind diese Ruperts-Tropfen nun schon eine Kuriosität“, sagt Srinivasan Chandrasekar von der Purdue University. „Berühmte Wissenschaftler und Naturphilosophen haben schon versucht, das Geheimnis dieser Glastränen zu lüften.“ Denn während ihr Kopf sogar harten Hammerschlägen standhält, zerfallen die Tränen instantan zu Glaspulver, wenn man das dünne Ende abknipst oder zerbricht.
Was hinter dem explosiven Zerfall der Tropfen steht, haben Chandrasekar und seine Kollegen schon vor gut 20 Jahren herausgefunden: Highspeed-Aufnahmen enthüllten, dass beim Abknipsen des Schwanzendes winzige Risse mit dem enormen Tempo von 1,9 Kilometern pro Sekunde durch das Glas rasen, die sich dabei immer weiter verzweigen. Dies sprengt das Glas auseinander – schneller als bei einer Schwarzpulver-Explosion.