Wer am Strand Sandburgen baut, braucht einiges an Geschicklichkeit und Phantasie, aber kein Rezeptbuch: Der Wassergehalt ist nämlich für die mechanischen Eigenschaften des Sandes weitgehend unwichtig. Diese Beobachtung ließ Forscher rätseln – bis jetzt. Denn ein internationales Wissenschaftler-Team hat nun die flüssigen Strukturen in feuchten Granulaten mittels Röntgen-Mikrotomographie untersucht und dabei ihre Gesetzmäßigkeit entschlüsselt. Sie berichten über ihre Ergebnisse in der Online-Ausgabe von Nature Materials.
Die Röntgen-Mikrotomographie ist in der Medizin auch unter dem Begriff Computertomographie bekannt. Wissenschaftler durchstrahlen dabei ein Objekt aus verschiedenen Winkeln mit Röntgenstrahlen und erstellen ein Schattenbild ähnlich einer gewöhnlichen Röntgenaufnahme. Ein Computer wertet alle diese Bilder aus und ermittelt, welche dreidimensionale Struktur das Objekt haben muss, um diese Schattenbilder zu erzeugen.
Wenn Wissenschaftler dabei eine brillante Röntgenquelle nutzen, wie etwa die Synchrotron-Strahlungsquelle am ESRF in Grenoble, entstehen auf diese Weise Computertomographien mit einer Auflösung von wenigen Tausendstel Millimetern. Das ist genug, um die winzigen und dabei hochkomplexen flüssigen Strukturen aufzulösen, die sich in einem feuchten Granulat bilden, wie beispielsweise im Innern einer Sandburg.
Verblüffende Resultate
Was Forscher zu sehen bekommen, ist zunächst verblüffend: Denn schon bei einem Gehalt von nur etwa drei Prozent bildet die Flüssigkeit im Innern des Gefüges eine hochkomplexe Struktur. Dennoch bleibt die mechanische Steifigkeit des nassen Sandes in einem Feuchtigkeitsbereich von weniger als einem bis weit über zehn Prozent praktisch konstant, obwohl sich die flüssige Struktur in seinem Innern enorm verändert.