Doppelte Zeitmessung: US-Forscher haben die bisher genaueste Atomuhr der Welt konstruiert. Jedes „Ticken“ dieser Uhr weicht um weniger als eine Trillionstel Sekunde von der Dauer der vorhergehenden ab. Der Clou daran: Diese optische Atomuhr besteht aus gleich zwei Wolken von Ytterbium-Atomen. Diese Konstruktion erlaubt schnellere und verlässlichere Messungen, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Photonics“ berichten.
Atomuhren takten die Welt. Die auf den Schwingungen von ultrakalten Cäsium-Atomen beruhenden Uhren sind die Referenz für die Weltzeit und sorgen beispielsweise dafür, dass die GPS-Satelliten genaue Ortungsdaten liefern. Doch es gibt bereits noch genauere und präzisere Zeitgeber: 2015 konstruierten US-Forscher eine Strontium-Atomuhr, die selbst in 15 Milliarden Jahren nicht eine Sekunde vor- oder nachgehen würde. Sie ist sogar präzise genug, um Einsteins Zeitdehnung durch Schwerkraft auf der Erde zu messen.
Doppelte Ytterbium-Wolke
Noch einen Schritt weiter sind nun Andrew Ludlow vom National Institute of Standards and Technology (NIST) in Boulder und seine Kollegen gegangen. In ihrer neuen Atomuhr dienen Ytterbium-Atomen als Taktgeber. Wie für optische Uhren typisch, werden sie mit einem Laser bestrahlt. Die Lichtfrequenz, bei der die Atome ihren Energiezustand wechseln, dient als Referenz für die Sekunde.
Im Gegensatz zu den gängigen Cäsium-Uhren oder der hochpräzisen Strontium-Uhr vereint die neue Atomuhr aber gleich zwei ultrakalte Atomwolken in sich – eine mit 5.000 eine mit 10.000 Ytterbium-Atomen. Beide Wolken werden von einem Messlaser bestrahlt. Dadurch können winzige Abweichungen in der Laserfrequenz und damit im „Ticken“ dieser Uhr direkt bei der Messung erkannt und korrigiert werden.
Eine tausendstel Sekunde Messzeit reicht
Der große Vorteil daran: Die Zeitmessung kann zehnmal schneller und auch genauer durchgeführt werden als bei anderen Uhrenmodellen. Denn bisher muss jede Messung eine gewisse Dauer haben, um winzige Schwankungen in der Tick-Länge auszugleichen. Die Ytterbium-Atomuhr läuft dank der doppelten Atomwolke aber so gleichmäßig, dass schon eine tausendstel Sekunde Messzeit reicht, um eine verlässliche Zeitangabe zu erhalten.
„Das bedeutet, dass die Abweichungen der Tickdauer bei weniger als 1,5 Trillionstel Sekunden liegen“, sagt Ludlow. „Damit übertrifft diese Uhr die Genauigkeit unserer Strontiumuhr zwar nur ein wenig, dafür erreicht sie diese Genauigkeit aber zehnmal schneller.“ Die Leistung der Uhr hänge damit kaum noch vom Laser ab, sondern fast nur noch von den Atomen selbst.
Einsetzbar auch auf künftigen Satelliten
Die neue Ytterbium-Atomuhr könnte künftig überall dort eingesetzt werden, wo winzigste Zeitabweichungen schnell und genau gemessen werden müssen, wie die Forscher erklären. Nützlich wäre eine solche Atomuhr beispielsweise beim Test von Einsteins Zeitdehnung, aber auch bei der Erforschung der Dunklen Materie und anderen physikalischen Grundfragen.
Noch ist die doppelte Atomuhr etwas größer als die herkömmlichen Einzel-Uhren. Aber wie die Forscher erklären, lässt sie sich relativ gut verkleinern – vor allem, weil die eingebaute Tickkorrektur eine Vereinfachung des Lasersystems erlaubt. Die Ytterbium-Atomuhr könnte daher in der Zukunft auch auf Satelliten eingesetzt werden. (Nature Photonics, 2016; doi: 10.1038/nphoton.2016.231)
(National Institute of Standards and Technology (NIST), 30.11.2016 – NPO)