Medizin

Gestörtes Uhrengen stoppt Krebsentwicklung

Gezieltes Ausschalten der Inneren Uhr treibt Krebszellen in den Selbstmord

Die gezielte Störung eines unserer Uhrengene könnte die Krebsentwicklung zumindest bei der Hälfte der menschlichen Krebsformen deutlich verlangsamen. Wie Wissenschaftler jetzt in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences” (PNAS) berichten, erleichtert die Manipulation des Uhrengens es dem Körper, die Krebszellen in den Selbstmord zu treiben – vorausgesetzt sie besitzen eine bestimmte Mutation in ihrem Genom.

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Bisherige Studien haben gezeigt, dass eine Störung der natürlichen Tag-Nacht-Rhythmen des Körpers der Gesundheit des Menschen eher schadet. So ergab eine der größten jemals durchgeführten Untersuchungen an Krankenschwestern, dass diejenigen, die über lange Zeit hinweg Nachtdienst hatten, ein höheres Brustkrebsrisiko besaßen als ihre Kolleginnen der Tagschichten. Ähnliche Ergebnisse traten auch bei Flugpersonal auf Transatlantikflügen auf.

Widerspruch bei molekularem Mechanismus

Seltsamerweise jedoch konnten Wissenschaftler, die sich mit den molekularen Mechanismen der inneren Uhren bei Tieren beschäftigten, diesen Effekt keineswegs immer nachvollziehen. So entdeckte Aziz Sancar, Professor für Biochemie und Biophysik am Krebsforschungszentrum der Universität von North Carolina vor einigen Jahren, dass die Blockade des Uhrengens Cryptochrom bei Mäusen – einem von vier absolut unverzichtbaren Uhrengenen bei Mensch und vielen Tieren – die Krebsrate nicht wie erwartet ansteigen ließ.

Wie war dieser Widerspruch zu erklären? In seiner aktuellen Studie ging Sancar diesem seltsamen Phänomen auf den Grund. Er testete, ob die Deaktivierung des Uhrengens auch bei den Mäusen ohne Effekt blieb, die bereits eine Veranlagung für eine Krebserkrankung in sich trugen. Könnte es sein, dass dann die Entwicklung von Tumoren beschleunigt wurde? Um dies herauszufinden, veränderten er und seine Kollegen das Cryptochrom-Gen in Mäusen, die zusätzlich einen Defekt im Gen p53 trugen, einem Gen, das bei rund der Hälfte der menschlichen Tumorerkrankungen mutiert.

Kaputtes Uhrengen treibt Krebszellen in den Tod

Als sie ihre Versuche auswerteten, erlebten die Forscher eine Überraschung: Anstatt die Krebsentwicklung zu beschleunigen, hatte die Blockade des Uhrengens den gegenteiligen Effekt: Es verlängerte die Lebensdauer der Tiere um 50 Prozent. Aber was genau hatte das „kaputte Uhrengen“ bewirkt? Die Wissenschaftler analysierten dafür eine Reihe von biologischen Prozessen, die während der Tumorentwicklung in den betroffenen Zellen abliefen.

Es stellte sich heraus, dass die Mutation im Uhrengen intrazelluläre Signale reaktivierte, die eine Zerstörung der entarteten Zellen ermöglichten. Nach Ansicht von Sancar erhöht diese Taktik die Wahrscheinlichkeit, dass die Krebszellen unter Stress, wie beispielsweise durch Chemotherapie oder UV-Bestrahlung, in den zellulären Selbstmord getrieben werden, die so genannte Apoptose.

Neuer Ansatz für Krebstherapie

„Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Veränderung der Funktion dieses Uhrengens das Fortschreiten des Krebses zumindest in den 50 Prozent der menschlichen Krebsformen bremsen kann, die mit einer p53-Mutation in Zusammenhang stehen“ erklärt Sancar. „In Kombination mit anderen Ansätzen in der Krebstherapie könnte diese Methode eines Tages die Erfolgsraten der Remissionen erhöhen.“

(University of North Carolina School of Medicine, 05.02.2009 – NPO)

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