Spannende Anomalie: Physiker haben mögliche Indizien für die Existenz der „sterilen“ Neutrinos entdeckt – einer bisher nur hypothetischen vierten Neutrino-Sorte. Der MiniBOONE-Detektor in den USA hat einen signifikanten Überschuss von Elektron-Neutrinos entdeckt, der nicht mit dem Standardmodell erklärbar ist, wie die Forscher berichten. Ob wirklich sterile Neutrinos dahinterstecken oder möglicherwiese sogar die Dunkle Materie, muss nun geklärt werden.
Neutrinos sind rätselhaft wie schwer fassbar. Denn die nahezu masselosen Elementarteilchen wechselwirken kaum mit normaler Materie. Obwohl Milliarden von ihnen in jeder Sekunde durch unseren Körper strömen, kommt es nur ganz selten zu Kollisionen mit Atomkernen. Ungewöhnlich auch: Neutrinos existieren in drei Sorten – Elektron-, Myon- und Tau-Neutrino – die sich im Flug ineinander umwandeln können.
Verräterische Abweichungen
Doch sind diese drei Sorten wirklich alles? Schon in den 1990er Jahren lieferte der LSND-Detektor in Los Alamos Messdaten, die auf die Existenz einer vierten Neutrino-Sorte hindeuten könnten. Sollten sie existieren, dürften diese „sterilen“ Neutrinos überhaupt nicht mit Materie wechselwirken – weshalb sie nicht direkt nachweisbar sind. Dafür aber beeinflussen sie offenbar die Oszillation der anderen drei Neutrino-Sorten, so die Theorie.
Das Interessante daran: Die Existenz einer solchen vierten Neutrino-Sorte widerspricht dem Standardmodell der Teilchenphysik. Gleichzeitig könnten die „sterilen“ Neutrinos möglicherweise eine ganze Reihe bisher unerklärter Phänomene erklären – von den Teilchen der Dunklen Materie bis zur Asymmetrie von Antimaterie und Materie. Bisher allerdings war es anderen Neutrino-Detektoren nicht gelungen, die im LSND-Detektor beobachteten Abweichungen zu reproduzieren.