Wer seine Wohnung renovieren möchte, sollte beim ein Einkaufen im Baumarkt genau hinschauen: Tester des NDR haben bei Stichproben in Spanplatten, PVC-Bodenbelägen und in Vinyltapeten gesundheitsschädliche Substanzen entdeckt, die im Laufe der Zeit ausgasen und so die Raumluft belasten können. Während in Spanplatten vor allem Formaldehyd gefunden wurde, waren es in den Kunststoffprodukten vor allem Weichmacher – Substanzen, die hormonähnlich wirken und Übergewicht, Diabetes und möglicherweise auch Neurodermitis fördern.
Dass viele Möbel und Baustoffe schädliche Substanzen enthalten können, ist nicht neu. Jetzt aber zeigt sich, dass wir uns Formaldehyd, Weichmacher und Co auch selbst ins Haus holen – wenn wir renovieren und die entsprechenden Materialien im Baumarkt kaufen. Um die Belastung typischer Wand- und Bodenbauteile zu testen, haben Tester für eine Reportage des Verbraucher- und Wirtschaftsmagazins „Markt“ stichprobenartig bei den vier größten Baumarkt-Ketten Bauhaus, Hornbach, Max Bahr und Obi eingekauft. Die Materialien wurden anschließend in einem Labor auf giftige Inhaltsstoffe hin untersucht.
Formaldehyd in Spanplatten
Das Ergebnis der Laboruntersuchungen sei erschreckend, heißt es: Krebserzeugendes Formaldehyd fand sich in allen getesteten Spanplatten für den Innenausbau, eingesetzt zum Beispiel in Küche, Schlafzimmer, Kinderzimmer. „Alle Spanplatten haben in der Kurzzeitprüfung Werte erreicht, die oberhalb des Richtwertes des Bundesinstituts für Risikobewertung liegen“, kritisiert Heidrun Hofmann vom Bremer Umweltinstitut.
Der Kieler Toxikologe Hermann Kruse warnt: „Schon in niedrigen Dosen müssen wir bei Formaldehyd mit dem Schlimmsten rechnen. Ich bin überrascht, dass Formaldehyd immer noch in den Mengen in Spanplatten eingesetzt wird.“ Auf NDR-Anfrage teilen Max Bahr und Obi mit, dass sie eine so genannte Unbedenklichkeitserklärung ihres Lieferanten hätten. Bauhaus und Hornbach wollen ihre Spanplatten überprüfen.
Weichmacher in PVC-Böden und Vinyl-Tapeten
Neben den Spanplatten verkaufen alle Baumärkte in der NDR Stichprobe PVC-Fußböden mit teilweise sehr hohen Werten an Weichmachern. „Diese Weichmacher sind nicht fest chemisch in das PVC eingebunden“, erklärt Kruse. „Durch Abrieb können sie natürlich auch in den Staub hineinkommen und dann von krabbelnden Kindern auf dem Boden aufgenommen werden.“ Weichmacher gelten als Substanzen, die das Hormonsystem von Mensch und Tier beeinflussen und stören können, in hohen Konzentrationen wirken sie zudem als Nervengift.
Erschreckend sei auch das Ergebnis bei allen getesteten Vinyl-Tapeten aus den vier Baumärkten, so mder NDR. Großflächig werden diese zu Hause an die Wand gebracht. Doch auch über die Tapete werden zum Teil krank machende Giftstoffe in die Raumluft abgegeben: Phtalate als Weichmacher, die bei erhöhten Werten zu Krebs führen können. Konfrontiert mit den Ergebnissen schreibt Hornbach, dass bei PVC-Böden und Vinyl-Tapeten für viele Kunden die positiven Eigenschaften überwiegen würden. Bauhaus verweist auf eine Unbedenklichkeitserklärung, Max Bahr will mit seinem Lieferanten Rücksprache halten. Obi gibt dazu keine Stellungnahme.
Fugendichtmasse ebenfalls belastet
Giftige Stoffe findet das vom NDR beauftragte Labor auch in den Fugendichtmassen von Bauhaus und Max Bahr. Bei Bauhaus handelt es sich um hohe Konzentrationen von gesundheitsschädlichen Verbindungen. Konfrontiert mit dem Ergebnis schreibt Bauhaus an den NDR: „Vorsorglich haben wir dieses Produkt bis zur weiteren Klärung für den Verkauf gesperrt.“ Bei Max Bahr fanden dieTester gesundheitsschädliche Stoffe, die schwer flüchtig sind. „Die dampfen über Monate, über Jahre aus“, erklärt Kruse. „Neurotoxische Stoffe greifen das Nervensystem an, was zu Müdigkeit und Konzentrationsschwäche führt.“ Zu diesem Ergebnis erklärt der Baumarkt Max Bahr: „Ihre Angaben lassen wir aktuell vom Hersteller untersuchen.“
Mehr zum Thema in der Sendung „Die Tricks der Baumärkte“ 06. Mai 20:15 Uhr auf NDR.
(NDR, 06.05.2013 – NPO)