Zum ersten Mal haben erdgestützte Teleskope Aufnahmen eines gewaltigen Sturms auf dem Saturnmond Titan eingefangen. Das Besondere an diesem im Infrarot hell leuchtenden Wolkenfleck ist nicht nur seine Größe, sondern vor allem auch die Lage des Sturms über den Tropen. Wie Astronomen jetzt in „Nature“ berichten, könnte dies erklären, woher die durch Erosion ausgekerbten Schluchten und Täler in der sonst trockenen Äquatorregion stammen.
Auf dem Saturnmond Titan nehmen kurzkettige Kohlenwasserstoffe wie Methan und Ethan die Rolle ein, die das Wasser bei uns auf der Erde spielt. Die Wolken in der eiskalten, dichten Atmosphäre des Himmelskörpers bestehen daher nicht aus Wassertröpfchen sondern aus Methan. Genährt werden die meist über den Polen liegenden Wolken durch Verdunstung aus den in den Polargebieten liegenden Methanseen. Näher am Äquator des Saturnmonds jedoch sind Wolken rar, die Landschaft gleicht eher einer trockenen Wüste.
Rätselhafte Schluchten in der Wüste
Umso rätselhafter war es, warum die Titansonde Huygens Aufnahmen lieferte, auf denen deutlich Schluchten und Täler zu sehen waren, die nur durch die Erosion durch flüssiges Methan entstanden sein konnten. Jetzt aber hat ein Forscherteam um Emily Schaller von der Universität von Hawaii, Henry Roe vom Lowell Observatorium im amerikanischen Green Bank sowie Tapio Schneider und Mike Brown vom California Institute of Technology (Caltech) eine Erklärung für dieses Rätsel gefunden.
Schon zuvor hatten Astronomen anhand des Infrarotspektrums des Saturnmonds beobachtet, dass sich 1995 und 2004 die Wolkendichte auf dem Titan dramatisch erhöhte, um dann langsam wieder abzuflauen. Die Hypothese damals: Es könnte sich um sehr große Stürme handeln. Seither lauerten Forscher weltweit auf die nächste Gelegenheit, dieses Phänomen genauer zu untersuchen.
Helles Leuchten signalisierte Sturm
Am 13. April 2008 war es dann soweit: Nach einer zwei Jahre langen Überwachung des Mondes registrierten Schaller und ihre Kollegen von der Infrared Telescope Facility (IRTF) der NASA auf dem Mauna Kea auf Hawaii, erneut den verräterischen Anstieg in der Infrarotstrahlung. „Nach drei Jahren des Beobachtens des Titan, in denen wir wenig oder keine Wolkenaktivität finden konnten, hat der Titan jetzt plötzlich eine richtige Show aufgezogen“, kommentiert Schaller.
Schnell wendeten sich die Astronomen an ihre Kollegen am benachbarten Gemini North Teleskop, einer Acht-Meter Schüssel, und baten sie, hochauflösende Schnappschüsse des Titan zu erstellen. Die Besonderheit dieses Teleskops liegt in einer speziellen adaptiven Optik, die atmosphärische
Störungen ausgleicht und so Auflösungen von der Qualität von weltraumgestützten Teleskopen erreichen kann.
Ein Sturm so groß wie Indien
In den hochauflösenden Infrarotaufnahmen ist als heller Fleck ein gewaltiger Sturm zu sehen, der sich über mehr als drei Millionen Quadratkilometer erstreckt – das entspricht etwa der Fläche des gesamten Indischen Subkontinents. Da der Titan nur weniger als halb so groß ist wie die Erde, ist dies nicht nur der größte jemals auf ihm nachgewiesene Sturm, sondern auch der erste, der über den Tropen des Mondes liegt.
Nach Ansicht der Astronomen könnten Stürme wie dieser gut erklären, woher die durch Flüssigkeit erodierten Kanäle und Schluchten stammen: Ein starker Methanregen aus den Sturmwolken sorgt vermutlich dafür, dass für kurze Zeit reißende Fluten aus flüssigem Methan durch die Täler rasen. Mehrere Wochen lang, so die Schätzungen der Forscher, kann so ein Sturm die gesamten Wettermuster des Saturnmonds beeinflussen.
(National Science Foundation, 14.08.2009 – NPO)