Klima

Gletscher schmelzen immer rasanter

Neueste Zahlen des World Glacier Monitoring Service bestätigen Langzeittrend

Dichtemessungen in einem Schneeschacht im Gletschernährgebiet © M. Hoelzle

Weltweit schmelzen die Gletscher in hohem Tempo weiter. Dies zeigen die neuesten Zahlen des World Glacier Monitoring Service (WGMS) an der Universität Zürich für das Jahr 2007. Danach ist die Eisdicke der „Weißen Riesen“ um durchschnittlich 67 Zentimeter Wasseräquivalent (w.e.) dünner geworden. In den Alpen haben einzelne Gletscher sogar bis 2,5 Meter w.e. an Dicke verloren.

„Der durchschnittliche Eisverlust im Jahr 2007 war nicht so extrem wie im Jahr 2006, aber es gibt große Unterschiede zwischen den Berggebieten. Gletscher in den europäischen Alpen haben bis zu 2,5 Meter Wasseräquivalent Eis verloren, während die Eisdicke von maritimen Gletschern in Skandinavien um einen Meter zugenommen hat“, erklärt der Glaziologe Michael Zemp vom WGMS.

Schmelzrate der 1980er- und 1990er-Jahren mehr als verdoppelt

„Trotzdem ist 2007 jetzt das sechste Jahr dieses Jahrhunderts, in dem der durchschnittliche Eisverlust der Gletscher mit langen Messreihen einen halben Meter übersteigt. Damit hat sich die Schmelzrate der 1980er- und 1990er-Jahren mehr als verdoppelt“, so Zemp weiter.

Die neusten, noch vorläufigen Daten von insgesamt mehr als 80 Gletschern bestätigen in der Tat den globalen Trend der Eisschmelze seit 1980. In diesem Zeitraum haben die Gletscher mit Langzeitmessreihen – 30 Gletscher in neun Gebirgsregionen – durchschnittlich mehr als elf Meter w.e. an Dicke verloren. Zwischen 1980 und 1999 ist deren Eis durchschnittlich um knapp 30 Zentimeter w.e. pro Jahr geschmolzen. Seit 2000 ist dieser Wert sogar auf rund 70 Zentimeter w.e. pro Jahr angestiegen.

Dramatische Eisverluste in den Alpen

Für das Beobachtungsjahr 2007 wurden unter anderem in den europäischen Alpen dramatische Eisverluste registriert so zum Beispiel am Hintereisferner (-1,8 Meter w.e.) oder Sonnblickkess (-2,2 Meter w.e.) in Österreich, am Sarennes (-2,5 Meter w.e.) in Frankreich oder Carèser (-2,8 Meter w.e.) in Italien. Auch in der Schweiz wurden Eisverluste von mehr als einem Meter gemeldet, so am Silvretta (-1,3 Meter w.e.) und am Gries (-1,7 Meter w.e.).

In Norwegen dagegen konnten laut den Ergebnissen der Forscher einige küstennahe Gletscher Eis zulegen so z.B. der Nigardsbreen (+1,0 Meter w.e.) oder der Ålfotbreen (+1,3 Meter w.e.) während die Inland-Gletscher wie der Hellstugubreen oder Gråsubreen weiter schmolzen (beide -0,7 Meter w.e.).

Die Massenbilanzen, also der Eisverlust oder Eiszuwachs, waren in Südamerika alle negativ, von -0.1 Meter w.e. am Echaurren Norte in Chile bis zu -2.2 Meter w.e. am Ritacuba Negro in Kolumbien. In Nordamerika sind einige positive Werte zu vermelden aus den North Cascade Mountains und dem Juneau Ice Field – und Eisverluste bei Gletschern in den Kenai Mountains und der Alaska Range wie auch in Canadas Coast Mountains und Canadas Hocharktis.

Setzen einer Messstange auf der Gletscherzunge © D. Vonder Mühll

Maßeinheit Wasseräquivalent

Glaziologen drücken die jährliche Massenbilanz, also Dickenzuwachs oder -Abnahme, von Gletschern in Meter Wasseräquivalent (m w.e.) aus. Das Wasseräquivalent gibt an, welchen Wassergehalt die gemessene Dickenänderungen in Eis, Firn und Schnee haben. Ein Meter Eis entspricht dabei ungefähr 0.9 Meter w.e.

World Glacier Monitoring Service

Die internationale Gletscherbeobachtung wurde 1984 nach dem Vorbild des Schweizer Gletschermessnetzes gegründet und seither mehrheitlich durch die Schweiz geführt. Heute ist der World Glacier Monitoring Service (WGMS) verantwortlich für die Sammlung und Publikation von standardisierten Gletscherdaten aus der ganzen Welt. Das Langzeit-Monitoring von Gletschern liefert wichtige Kennzahlen für die globalen Klimabeobachtungsprogramme der großen internationalen Organisationen.

(idw – Universität Zürich, 30.01.2009 – DLO)

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