Geowissen

Gotthard-Basistunnel geht in Betrieb

Tiefster und längster Eisenbahntunnel der Welt wird für den Verkehr freigegeben

Blick in den Gotthard-Basistunnel bei Bodio. Ab 11. Dezember 2016 werden hier regelmäßig Personen- und Güterzüge fahren. © AlpTransit Gotthard AG

Am Sonntag ist es soweit: Der Gotthard-Basistunnel – der längste und tiefste Eisenbahntunnel der Welt – geht in Betrieb. Nach 17 Jahren Bauzeit und mehreren Monaten Testbetrieb wird der 57 Kilometer lange Alpentunnel nun für den regulären Zugverkehr geöffnet. In nur rund 17 Minuten rauschen Reisende und Güter fortan unter den Alpen hindurch – und das ohne große Steigungen.

Die Idee eines Eisenbahntunnels durch das Gotthardmassiv ist nicht neu: Schon am 22. Mai 1882 wurde ein erster, 15 Kilometer langer Tunnel eröffnet – er war damals der längste Eisenbahntunnel der Welt. Doch den modernen Anforderungen des Verkehrs genügte er nicht lange. Schon 1961 gab daher erste Planungen eines längeren, durch die Basis des Bergmassivs gehenden Tunnels, endgültig beschlossen wurde der Bau aber erst im Jahr 1991/92.

Zwei Röhren unter 2.300 Meter Fels

Mit einer Länge von rund 57 Kilometern ist der Gotthard-Basistunnel der längste Eisenbahntunnel der Welt. Doch insgesamt umfasst das Tunnelprojekt weitaus mehr: 152 Kilometer Tunnel wurden gebohrt, rechnet man alle Nebenstollen und die beiden Anschlusstunnel durch den Lötschberg und Ceneri hinzu. Der Basistunnel liegt zudem unter mehr als 2.300 Metern Fels und ist damit auch der am tiefsten unter Tage liegende Eisenbahntunnel.

Der Gotthard-Basistunnel besteht aus zwei einspurigen Eisenbahntunneln. West- und Oströhre liegen 40 Meter auseinander und sind alle gut 300 Meter durch Querstollen verbunden. Diese Querverbindungen dienen als Rettungs- und Zugangswege, wenn doch einmal ein Unglück passieren sollte. Zwei Zwischenstationen auf der Strecke – in Sedrun und Faido – bieten zudem die Möglichkeit von Nothalten und Spurwechseln. Hier ist auch der Zugang zum Tunnel von außen möglich.

17 Jahre, 2.600 Arbeiter und zentimetergenaue Maßarbeit

Der Bau des Tunnels war ein Megaprojekt: 17 Jahre lang arbeiteten bis zu 2.600 Arbeiter am Tunnel, den Gleisen und der aufwändigen Elektronik und Technik dieses gewaltigen Bauwerks. 1999 begann der Bau durch erste Sprengungen – gleichzeitig an beiden Enden der späteren Tunnelstrecke. Die große Herausforderung dabei: In der Mitte müssen sich die Tunnelröhren genau treffen, jede größere Abweichung wäre fatal.

Der Durchbruch der letzten Trennwand zwischen den beiden Tunnelteilen des Gotthard-Basistunnels im Jahr 2010 in Sedrun. © AlpTransit Gotthard AG

Und es gelang: Der erste Durchschlag einer Bohrmaschine von einem Tunnelstück in ein anderes erfolgte am im Herbst 2006: Mineure aus Bodio und Faido reichten sich die Hände. Nach vier Jahren Bohrarbeit und 13,5 Kilometern Aushubstrecke betrug die horizontale Abweichung nur fünf Zentimeter und die vertikale gerade einmal zwei Zentimeter. 2010 dann begegneten sich die Enden der ersten kompletten Einspurtunnelröhre – und auch hier passte alles perfekt zusammen.

Maschinen im Megamaßstab

Den eigentlichen Vortrieb der Tunnelröhren übernahmen gewaltige Tunnelbohrmaschinen von gut 400 Metern Länge und 2.500 Tonnen Gewicht. Mit ihrem Bohrkopf von der eineinhalbfachen Breite eines Fußballtores fräsen sich diese Giganten bis zu 40 Meter pro Tag durch den Fels – und hinterlassen an ihrem Ende eine bereits fertig mit Beton ausgegossenen und abgestützte Röhre.

Aber nicht nur die Dimensionen der Tunnel und der gewaltigen Maschinen sind rekordverdächtig, auch das ganze Drumherum setzte neue Maßstäbe beim Tunnelbau: 500.000 Liter Brauchwasser wurden jeden Tag in der Bauphase zur Kühlung, Betonherstellung oder für das Waschen der Arbeitsgeräte benötigt. Unglaubliche 24 Millionen Tonnen Abraum mussten aus dem Berg geschafft und möglichst umweltfreundlich entsorgt oder recycelt werden.

Geologische Hürden

Am meisten zu schaffen machten den Planern und Ingenieuren dabei die vielen geologischen Störungen und Schwachstellen im Gestein entlang der geplanten Route. Denn ist das Gestein nicht stabil, droht der Tunnel bei den Bohrungen einzustürzen. Schon im Vorfeld des eigentlichen Tunnelbaus kam es deshalb zu zeitlichen Verzögerungen, weil immer wieder Proben genommen und die Strecke angepasst werden musste.

Legendär war unter anderem die gefürchtete Piora-Mulde – eine Zone lose gekörnten Dolomit-Anhydrit Gesteins. Zwischen 1993 und 1998 untersuchten Geologen die Piora-Mulde daher mit 19 aufwändigen Bohrungen. Glücklicherweise stellte sich dabei heraus, dass diese Zone 250 Meter oberhalb des Tunnelniveaus endet – im Bereich des Tunnels ist das Gestein daher stabil.

Fahrt durch den Gotthard-Basistunnel - Blick vom Leitstand eines Zuges aus. © AlpTransit Gotthard AG

Acht Züge pro Stunde und Richtung

Ob alle Bahnanlagen und die Sicherheitstechnik im Tunnel funktionieren, wurde seit der Eröffnung des Tunnels im Mai 2016 ausgiebig durch Testfahrten überprüft. Der Fokus lag dabei vor allem auf dem digitalen Kontrollsystem, das permanent die Fahrt der Züge überwacht und steuert. 130 Kameras und zahlreiche Sensoren überwachen den Bahnbetrieb allein im Lötschberg-Basistunnel.

Der große Vorteil des neuen Tunnels: Wenn der reguläre Zugbetrieb am 11. Dezember 2016 aufgenommen wird, dauert die Fahrt durch die Alpen nur noch einen Bruchteil der bisherigen Zeit. Nur rund 20 Minuten benötigt man für die Fahrt durch den Gotthard-Basistunnel.

Weil die Tunnelstrecke kaum Steigung hat, können Güter- und Personenzüge mit höherer Geschwindigkeit fahren – mit bis zu Tempo 250. Das Kontrollsystem erlaubt zudem eine dichte Zugfolge, bei der zwei Personenzüge und sechs Güterzüge pro Stunde und Richtung den Tunnel passieren. Dadurch können im pro Tag bis zu 260 Güterzüge verkehren, auf der historischen Bergstrecke waren es maximal 180.

(AlpTransit Gotthard, 09.12.2016 – NPO)

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