Graphen gilt schon länger als das Material der Zukunft. Jetzt haben Forscher erstmals dünne Streifen aus diesem „Wundermaterial“ erzeugt, die Elektronen quasi ohne jeden Widerstand leiten – und das bei Raumtemperatur. Solche ultradünnen Graphenstreifen könnten daher künftige Computerprozessoren kleiner und schneller machen, ohne viel Energie als Abwärme zu verlieren, wie die Forscher im Fachjournal „Nature“ berichten.
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Der Energieverbrauch unserer modernen Gesellschaft steigt stetig an. Das wirkt sich nicht nur auf die Stromrechnung, sondern vor allen Dingen auch auf die Umwelt aus. Den Energieverbrauch senken – das ist bereits heute eine der wichtigsten Herausforderungen des modernen Computerzeitalters. Doch wo lässt sich in modernen Rechnern noch Energie einsparen? Die CPU (central processing unit) ist als Hauptprozessor das Herzstück eines jeden Computers. Die Leistungsfähigkeit einer modernen CPU wird nahezu komplett in Wärme umgewandelt. Aber nicht nur das führt zu einem enormen Energieverlust. Zusätzlich muss durch aktive, energieverbrauchende Kühlung diese Wärme an die Umgebung abgeführt werden.
Graphen-Nanostrukturen – besser als vorhergesagt
Warum geben CPUs auch heute noch so enorm viel Wärme ab? Das Problem ist hierbei der elektrische Widerstand. Dieser Widerstand wiederum wird durch die Streuung der Elektronen in den Leitern hervorgerufen. Physikern der Leibniz Universität Hannover ist es nun in Kooperation mit US-Forschern gelungen, Graphen-Nanostrukturen zu entwickeln, die auch bei Raumtemperatur keinen elektrischen Widerstand aufweisen und keine Wärme entwickeln.
Graphen ist eine ultradünne Kohlenstofflage, deren Dicke nur der eines einzelnen Kohlenstoffatoms entspricht. Aufgrund seiner speziellen Gitterstruktur hat Graphen besondere elektronische Eigenschaften. Allerdings: Will man Graphenstreifen als Leiterbahn nutzen, sorgen Grenzflächeneffekt für einen erhöhten Widerstand.
Jens Baringhaus vom Institut für Festkörperphysik in Hannover und seine Kollegen könnten dieses Problem nun gelöst haben. Sie erzeugten 40 Nanometer breite Graphenstreifen durch eine neue Methode: Durch Erhitzen eines speziellen Siliziumcarbid-Kristalls entstehen an dessen Kanten kleinste Graphen-Strukturen – die gesuchten Streifen.
Verlustfreier Transport bei Raumtemperatur
Die Forscher testeten den Widerstand der so erzeugten Streifen an einer hochauflösenden Mikroskop-Kombination, der sogenannten 4-Spitzen STM/SEM. Dabei stellten sie fest, dass der Flächenwiderstand dieser Strukturen weit niedriger lag als erwartet. Er entsprach einem Flächenwiderstand von weniger als einem Ohm – dies ist immerhin um das Tausendfache geringer als bei den herkömmlich produzierten Graphenstreifen.
Anhand systematischer Messungen auf der Nanoskala stellten die Forscher fest: Der Transport ist in der Tat verlustfrei. „Für etwaige zukünftige Technologien ist dabei besonders interessant, dass dieser verlustfreie Transport auch bei Raumtemperatur beobachtet werden konnte“, erklärt Baringhaus.
Die neuen Graphenstreifen bergen großes Potenzial für die Zukunft. Denn diese Graphen-Nanostrukturen sind extrem einfach auch in großen Stückzahlen herzustellen, wie die Forscher berichten. Zudem sind sie flexibel und lassen sich so in verschiedenen Formen erzeugen und einsetzen. Doch damit nicht genug. Graphen verträgt sich zudem mit der herkömmlichen Silizium-Technologie und kann mit ihr kombiniert werden. (Nature, 2014; doi:10.1038/nature12952)
(Leibniz Universität Hannover, 11.02.2014 – KEL)