Physik

Gravitationswellen-Detektor sucht holographisches Universum

Hört GEO600 die Zeitquanten rauschen?

Optische Elemente im Gravitationswellendetektor GEO600 © GEO600

Leben wir in einem holographischen Universum? Sind Zeit und Raum körnig und kann man von einem Quantenrauschen der Raumzeit sprechen? Der amerikanische Physiker Craig Hogan ist fest davon überzeugt, Beweise dafür in den Daten des deutsch-britischen Gravitationswellendetektors GEO600 gefunden zu haben. Ob sich Hogans Vermutungen bestätigen lassen, soll in den kommenden Monaten mit neuen Experimenten direkt am Detektor untersucht werden

Auf der Suche nach der Körnigkeit der Zeit

Den kleinstmöglichen Bruchteil einer Entfernung bezeichnen Physiker als die ‚Planck-Länge“. Sie beträgt 1,6 x10 hoch -35 Meter – das ist unvorstellbar klein und unmessbar. Auch die etablierten physikalischen Theorien gelten bei dieser Größenordnung nicht mehr. Diese Körnigkeit sollte nach gäniger Lehrmeinung mit unseren technischen Mitteln nicht nachweisbar sein. Wäre sie es doch, müsste unsere bisherige Vorstellung der Raumzeit umgeschrieben werden.

Doch der US-amerikanische Physiker Craig Hogan ist davon überzeugt, mithilfe des Gravitationswellendetektors GEO600 das Rauschen der Zeitquanten sehr wohl nachweisen zu können. Daher überprüfen Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik und der Leibniz Universität Hannover nun diese Theorie Hogans. Die GEO600 Wissenschaftler gehen der Frage nach, ob das „Störsignal“ in den vom Detektor aufgenommenen Daten auf die ‚Körnigkeit von Zeit und Raum‘ zurückzuführen ist.

Craig Hogan ist Direktor des Zentrums für Astroteilchenphysik am Fermi National Accelerator Laboratory sowie Professor für Astronomie & Astrophysik an der Universität von Chicago. Er war Mitglied des Wissenschaftlerteams, das 1998 die dunkle Energie mit entdeckte.

Winzige Zeitdifferenzen als Indiz

Der Gravitationswellendetektor GEO600 wurde von 1995 bis Ende 2001 in Ruthe bei Hannover aufgebaut. Die Anlage besteht aus zwei jeweils 600 Meter langen, abgedeckten Gräben, einem Filterbauteil und einem starken Laser. Dieser schickt einen fast 20 Watt starken Lichtstrahl über einen Strahlteiler durch die beiden im Winkel von 93 Grad angeordneten Röhren. An deren Ende werden die Strahlen reflektiert und laufen in der Fotodiode des Interferometers wieder zusammen.

Die Laufzeitunterschiede des Lichts aus den beiden Röhren geben über Stauchungen der Raumzeit Auskunft. Um diese winzigen Schwankungen feststellen zu können und Störfaktoren auszuklammern, sind diverse Filter und Ausgleichstechniken installiert. Außerdem werden sowohl Laserlicht als auch Signal jeweils mehrfach mit sich selbst überlagert und so verstärkt (Duales Recycling).

Experiment sucht „holographisches“ Rauschen

Um die Theorie des holographischen Rauschens zu testen, wird die Frequenz der höchsten Empfindlichkeit von GEO600, also der Ton, den der Detektor am besten hören kann, schrittweise hin zu immer höheren Tönen verschoben. Normalerweise ist die Frequenz so eingestellt, dass beste Chancen bestehen, explodierende Sterne oder verschmelzende schwarze Löcher beobachten zu können.

„Wir sind wirklich gespannt, welche neuen Erkenntnisse wir im Laufe des Jahres über das mögliche holographische Rauschen erhalten werden“, erklärt Professor Karsten Danzmann, Direktor des Hannoveraner Albert- Einstein-Instituts. „GEO600 bietet derzeit weltweit als einziges Experiment die Möglichkeit, die umstrittene Theorie zu überprüfen. Im Gegensatz zu den anderen großen Laserinterferometern reagiert GEO600 durch die eingesetzte Signal-Recycling-Methode bauartbedingt empfindlich auf Seitwärtsbewegungen des Strahlteilers. Das ist eigentlich unbequem, aber wir brauchen das Signal-Recycling, um die kürzere Armlänge im Vergleich zu den anderen Detektoren zu kompensieren. Aber

holographisches Rauschen erzeugt genau so ein Seitwärtssignal und so wird der Nachteil in diesem Fall zum Vorteil.Wir befinden uns sozusagen im Mittelpunkt eines Wirbelsturms in der Grundlagenforschung.“

Gequetschtes Vakuum

Stellt sich heraus, dass das rätselhafte Rauschen bei höheren Frequenzen dem bei niedrigeren Frequenzen entspricht, ist dies zwar noch kein Beweis für Hogans Hypothese. Es würde aber weitergehende Untersuchungen besonders motivieren. Dann könnte die Empfindlichkeit von GEO600 durch den Einbau von ‚gequetschtem Vakuum‘ sowie eines Modenfilters in einer neuen Vakuumkammer noch weiter verbessert werden. Die Technologie des ‚gequetschten Vakuums‘ wurde in Hannover besonders verfeinert und würde im Rahmen der Untersuchungen weltweit erstmals zum Einsatz in einem Gravitationswellendetektor kommen.

Diese Technologie ist für die dritte Generation der Gravitationswellendetektoren vorgesehen. GEO600 ist ein gemeinsames Projekt von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein- Institut, kurz AEI), der Leibniz Universität Hannover, der Cardiff University, der University of Glasgow und der University of Birmingham.

(Leibniz Universität Hannover, 10.02.2009 – NPO)

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