Astronomen haben auf dem Mars den mit Abstand größten Krater unseres Sonnensystems entdeckt. Neue Daten zweier Mars-Sonden liefern den Beleg für einen gewaltigen Einschlag vor rund vier Milliarden Jahren, der nahezu die gesamte Nordhalbkugel des Roten Planeten einebnete. Wie Wissenschaftler jetzt in „Nature“ berichten, war der einschlagende Himmelskörper damals vermutlich größer als Pluto.
Schon seit Jahrzehnten rätseln Astronomen darüber, warum die Marsoberfläche zwei so deutlich unterschiedliche Regionen aufweist: Während die Südhalbkugel aus einer zerklüfteten, dicht von Kratern übersäten Hochebene besteht, findet sich auf der Nordhalbkugel eine der glattesten Ebenen des Sonnensystems. Die riesige, drei bis vier Kilometer niedriger liegende Borealis-Senke ist nur von sehr wenigen Kratern durchbrochen. Aber warum?
Rätselhafte Riesensenke
Seit erste Sonden in den 1970er Jahren ihre Bilder der Marsoberfläche zur Erde schickten, werden verschiedene Hypothesen für die Entstehung dieser so unterschiedlichen Landschaftsformen diskutiert. Als Hauptkandidaten kristallisierten sich einerseits ein gewaltiger Einschlag, andererseits vulkanische Prozesse heraus, bei denen schmelzflüssige Lava für die Einebnung sorgte. Da die riesige Senke keine klassische, runde Kraterform zeigt, geriet die Einschlagtheorie später ins Abseits.
Jetzt jedoch hat eine Kombination aus Schwerkraftdaten und Messungen der Höhenverläufe an der Marsoberfläche, durchgeführt von den NASA-Sonden Mars Reconnaissance Orbiter und Mars Global Surveyor, neues Licht auf das alte Rätsel geworfen. Die Daten enthüllten erstmals, dass die Borealis-Senke zwar keine klassisch runde, wohl aber eine elliptische Form aufweist. „Zusätzlich zu der elliptische Form der Senke gibt es Anzeichen für einen zweiten, äußeren Ring“, erklärt Bruce Banerdt vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena. „Das ist eine typische Charakteristik von großen Einschlagsbecken.“
Einschlagsobjekt größer als Pluto
Die Riesenellipse ist mehr als 8.500 Kilometer lang und damit mehr als vier Mal so groß wie der bisher größte bekannte Einschlagskrater des Sonnensystems, das Hellas Becken auf der marsianischen Südhalbkugel. Um ein so gewaltiges Loch zu hinterlassen, muss der nach Berechnungen vor mindestens 3,9 Milliarden Jahren hier eingeschlagene Himmelskörper einen Durchmesser von knapp 2.000 Kilometern gehabt haben – mehr als die Größe des Pluto. „Noch haben wir die Einschlaghypothese nicht letztendlich bewiesen“, erklärt Jeffrey Andrews-Hanna, Planetenforscher am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge. „Aber wir haben das Gleichgewicht zu ihren Gunsten verschoben.“
Ein erschwerender Faktor für die Erkennung der Kratereigenschaften war die Tatsache, dass die elliptische Form der Borealis-Senke nachträglich durch große Vulkane, die sich entlang eines Teils des Kraterrands bildeten, verändert wurde. Ihre Eruptionen hinterließen ein ebenfalls zerklüftetes Hochplateau, das die wahre Form des Beckens verzerrte.
„Dieses eindrucksvolle Ergebnis hat nicht nur für die frühe Evolution des Mars große Bedeutung, sondern auch für die Bildung der frühen Erde“, kommentiert Michael Meyer, leitender Wissenschaftler des Marsprogramms der NASA die Entdeckung.
(NASA, 27.06.2008 – NPO)