Smartphone als Diagnosehilfe: Künftig könnte eine simple Handy-App helfen, gefährliche Herzrhythmusstörungen zu erkennen. Dafür genügt es, sich das Handy auf die Brust zu legen und die App anzuschalten. Sie zeichnet die Bewegungen des Brustkorbs auf und ermittelt daraus eine Art EKG. In einem ersten Pilotversuch erkannte die App ein Kammerflimmern mit gut 95 Prozent Treffsicherheit.
Unsere Handys und Smartphones sind längst nicht mehr nur schnöde Kommunikationshilfen. Sie werden mehr und mehr als Sensoren genutzt. Sie dienen als Schrittzähler, als UV-Sensoren, Geigerzähler und chemische Analysehelfer.
Handy statt Dauer-EKG?
Eine weitere nützliche Anwendungsmöglichkeit des Handys haben finnische Forscher nun auf dem Jahreskongress der Europäischen Kardiologen vorgestellt: Es könnte helfen, gefährliche Herzrhythmus-Störungen zu diagnostizieren. Weil das Kammerflimmern nur sporadisch auftritt, ist es schwer nachzuweisen und erfordert oft eine längere Überwachung des Patienten mit aufwändigen mobilen EKG-Geräten.
Doch solche Geräte sind teuer, klobig und zudem im Alltag hinderlich, weil sie ständig über Kabel mit Elektroden auf der Brust des Patienten verbunden bleiben müssen. Eine simple und günstigere Alternative könnte nun eine von Tero Koivisto von der Universität Turku und seinen Kollegen entwickelte Handy-App bieten. Die App macht sich die sehr sensiblen Bewegungssensoren und Beschleunigungsmesser der Smartphones zunutze.
95 Prozent Trefferquote
Für die Messung reicht es aus, sich das Handy flach auf die Brust zu legen. Die Sensoren des Geräts sind fein genug, um den Herzschlag – oder eben das verräterische Flimmern – zu messen. Die App zeichnet diese Messwerte auf und wertet sie mit Hilfe einer lernfähigen Software aus. „Es wird keine zusätzliche Hardware benötigt, die von uns entwickelte App mit dem Algorithmus reicht aus“, sagt Koivisto.
Ein erster Pilotversuch mit 20 Patienten, die unter Kammerflimmern litten, und 20 gesunden Kontrollteilnehmern, war bereits erfolgreich: Die App erkannte das Kammerflimmern mit einer Sensitivität und Spezifität von mehr als 95 Prozent, wie die Forscher berichten. „Man bekommt dann von der App bezüglich der Herzrhythmusstörung eine einfache Ja- oder Nein-Antwort“, sagt Koivisto.
Nach Ansicht der Forscher könnte ihre Handy-App eine günstige, nicht invasive Methode sein, um Menschen einen ersten Anhaltspunkt zu geben, ob sie unter Kammerflimmern leiden oder nicht. „Angesichts der großen Verbreitung von Smartphones hat das das Potenzial, von vielen Menschen weltweit genutzt zu werden“, sagt Koivisto. Immerhin leiden rund zwei Prozent der Weltbevölkerung unter einer solchen periodischen Störung des Herzrhythmus.
(European Society of Cardiology (ESC), 30.08.2016 – NPO)