Brachiale Methode: Wenn ein Handy im Mixer geschreddert wird, ist das nicht immer Effekthascherei – es kann auch der Forschung dienen. Denn britische Forscher haben auf diese Weise eine schnelle und einfache Methode genutzt, um die Inhaltsstoffe eines Smartphones zu analysieren. Ihr Ziel: Den genauen Gehalt an wertvollen Metallrohstoffe wie Gold, Silber, Neodym und Co zu ermitteln.
Jedes Jahr landen Millionen alte Handys auf dem Müll oder gammeln ungenutzt in Schubladen und Schränken vor sich hin. Recycelt wird nur ein Bruchteil dieser Altgeräte. Als Folge gehen jede Menge wertvolle Metallrohstoffe verloren – Rohstoffe, die in Zukunft knapp werden könnten. Denn gerade bei dem in Handyakkus enthaltenen Lithium, aber auch bei Seltenerdmetallen wie Neodym, Praseodym und Dysprosium könnte die Nachfrage künftig das Angebot übersteigen.
Smartphone zerschreddert
Um herauszufinden, wie viele dieser Rohstoffe tatsächlich in einem gängigen Handy enthalten sind, haben Arjan Dijkstra von der University of Plymouth und sein Team zu einer brachialen Methode gegriffen: Sie zerschredderten ganze Smartphones kurzerhand im Mixer – allerdings ohne deren Lithium-Ionen-Akkus. „Wir nutzen täglich unser Handy, aber wie viele von uns denken darüber nach, was sich hinter dem Bildschirm verbirgt?“, sagt Dijkstra.
Nachdem vom Smartphone im Mixer nur noch Staub und kleiner Fragmente übrig waren, erhitzten die Forscher die Überreste und versetzten sie dann mit dem Oxidationsmittel Natriumperoxid. So erhielten sie eine Lösung, die sie nun auf ihre chemischen Bestandteile hin analysieren konnten.
Mehr Gold als in hochgradigem Erz
Das Ergebnis: Neben Kunststoff waren die Hauptbestandteile des Handys 33 Gramm Eisen, 13 Gramm Silizium und sieben Gramm Chrom. Dazu kamen 900 Milligramm Wolfram, 70 Milligramm Kobalt und Molybdän sowie 160 Milligramm Neodym und 30 Milligramm Praseodym. Auch wertvolle Edelmetalle wie Silber und Gold fanden die Forscher im geschredderten Handymaterial: Immerhin 90 Milligramm Silber und 36 Milligramm Gold waren in gängigen Smartphones enthalten.
Das bedeutet: Ein Smartphone enthält 100 Mal mehr Gold und zehnmal mehr Wolfram als die Erze, die im Bergbau als „hochgradig“ gelten. Um die Metallrohstoffe für nur ein Handy zu gewinnen, müsste man demnach zehn bis 15 Kilogramm Erze abbauen, wie die Forscher erklären. Darunter wären allein sieben Kilogramm hochgradiges Golderz, ein Kilogramm Kupfererz, 750 Gramm Wolframerz und 200 nickelhaltige Erze.
Rohstoffhunger mit Folgen
„Alle diese Metalle müssen gewonnen werden, indem wertvolle Erze abgebaut werden – und das belastet unseren Planeten erheblich“, sagt Dijkstra. Denn die Gewinnung von Metallerzen wie beispielsweise Coltan verursacht oft schwere Umweltschäden, sowohl durch die Zerstörung der Landschaft, als auch durch die Freisetzung giftiger und umweltschädlicher Chemikalien. Zudem arbeiten gerade in den Abbaugebieten der Entwicklungsländer die Arbeiter oft unter verheerenden Bedingungen.
Umso wichtiger sei es, künftig die Rohstoffe wiederzugewinnen, die bereits in Smartphones und anderen Elektrogeräten verbaut sind, sagen die Forscher. „Ich sehe das Handy in meiner Hosentasche jetzt nicht mehr nur als Fenster zur Welt, sondern auch als Schatztruhe für wertvolle Metalle“, sagt Antony Turner von Real World Visuals, der die Arbeit der Forscher filmisch dokumentierte. „Ich frage mich jetzt schon, woher diese Metalle kommen und ob sie später recycelt und wiederverwendet werden.“
Quelle: University of Plymouth