IBM und die ETH Zürich bauen einen neuartigen Supercomputer, der mit heißem Wasser gekühlt und dessen abgeführte Wärme direkt für die Beheizung der ETH-Gebäude genutzt wird. Das innovative System mit dem Namen „Aquasar“ soll den Energieverbrauch um 40 Prozent senken und die CO2-Bilanz im Vergleich zu ähnlichen Systemen um bis zu 85 Prozent reduzieren.
Computersysteme und Rechenzentren sind wahre Energiefresser: In den letzten vier Jahren hat sich der Energiebedarf von Rechenzentren weltweit fast verdoppelt. „Die Energieversorgung ist die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Geschwindigkeit und Leistung dürfen deshalb nicht mehr die einzigen Kriterien sein, wenn es darum geht, Computersysteme zu bauen. Unser neues Ziel ist, Hochleistungsrechner mit niedrigem Energieverbrauch zu entwickeln“, so Professor Dimos Poulikakos, Projektleiter und Leiter des Laboratoriums für Thermodynamik in Neuen Technologien der ETH Zürich.
Computersysteme und Rechenzentren energieeffizienter zu machen, ist ein komplexes Unterfangen. Als Lösung präsentieren die ETH Zürich und IBM gemeinsam den neuen Supercomputer Aquasar – ein Experiment, das einen wichtigen Beitrag zu nachhaltiger IT leisten soll.
Einfaches Kühlmittel – große Wirkung
Ein zentraler Aspekt bei der Energieeffizienz ist die Kühlung des Computers. Bis zu 50 Prozent der Energie werden nicht für die Rechenleistung selbst, sondern für die notwendige Kühlung verbraucht. Das Problem ist, dass ein Computerchip zehnmal mehr Wärme als eine Kochplatte auf der gleichen Fläche entwickelt. Ungekühlt überhitzt er innerhalb von Sekunden und geht kaputt. Für einen sicheren Betrieb muss der Chip daher stetig unter 85°C gekühlt werden.
Meistens wird dafür Luft verwendet, obwohl Luft eigentlich ein schlechter Wärmeleiter ist. Besser eignet sich Wasser, da es Wärme 4.000-mal effizienter als Luft speichert. Zudem kann Wasser die Wärme hervorragend transportieren. Allerdings muss das Kühlsystem hermetisch dicht sein, damit Wasser und Elektronik nicht in Berührung kommen.
Wasserkühlung direkt neben der Wärmequelle
Bei Aquasar bringen die Forscher die Wasserkühlung so direkt wie möglich an die Wärmequelle – den Chip – heran. Sie setzen leistungsfähige Mikrokanalkühler ein, die auf der Rückseite des Chips angebracht werden. Dank der Kühler können die Chips selbst mit bis zu 60°C heißem Wasser noch auf Betriebstemperatur gekühlt und wertvolle Abwärme gewonnen werden. Damit man die Wärmeenergie, die man von den Prozessoren wegleitet, am effizientesten nutzen kann, muss die Temperatur der Abwärme möglichst hoch sein. Prinzipiell gilt: Je heißer die Wärmeenergie desto wertvoller.
Wärme als wertvolle Ressource
Die gesamte Kühlung ist ein geschlossener Kreislauf. Das System benötigt etwa zehn Liter Wasser, wobei eine Pumpe einen Durchfluss von 30 Litern pro Minute garantiert. Die Abwärme wird durch einen Wärmetauscher an die Gebäudeheizung abgegeben.
„Wärme ist ein wertvolles Gut, auf das wir angewiesen sind und das wir täglich teuer kaufen. Indem wir Abwärme von den aktiven Bauteilen eines Computersystems so direkt und effizient wie möglich abtransportieren, können wir sie als Ressource wieder verwenden. Das spart Energie und senkt den CO2-Ausstoß. Dieses Projekt ist ein wichtiger Schritt hin zu nachhaltigen, emissionsneutralen Rechenzentren“, erklärt Bruno Michel, Manager Advanced Thermal Packaging des IBM Forschungslabors Zürich.
Aquasar verbindet also mehrere Vorteile: Da das System keine energieintensive Kältemaschinen benötigt, sinkt der Energieverbrauch gegenüber herkömmlichen luftgekühlten Systemen um bis zu 40 Prozent. Durch direkte Abwärmenutzung gewinnt man zudem wertvolle Wärmeenergie zurück, die sich vielfältig verwenden lässt. Im Vergleich zu ähnlichen Systemen reduziert sich dadurch die CO2-Bilanz um bis zu 85 Prozent – was bei durchschnittlichem Betrieb etwa 30 Tonnen CO2 pro Jahr entspräche.
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Blutkreislauf nachgeahmt
Inspiriert wurde das Forschungsteam bei der Entwicklung des Kühlkreislaufs durch die Natur. Die Wissenschaftler testen Systeme, die den hochoptimierten, menschlichen Blutkreislauf nachahmen. Im Körper sorgt ein Netzwerk von Gefäßen und Kapillaren dafür, dass Wärme und Energie mit der größtmöglichen Effizienz in jeden Teil unseres Körpers transportiert werden.
Die Kühlung von Aquasar ist nach den gleichen Prinzipien aufgebaut. Die etwa zwei Quadratzentimeter großen Mikrokanal-Wasserkühler verfügen über viele hundert kleine Kapillaren.
Aquasar im Einsatz
An der ETH Zürich wird aber nicht nur überprüft, ob die neue Wasserkühlung funktioniert und wie viel thermische Energie dabei zu gewinnen ist, sondern auch wie leistungsfähig Aquasar ist. Das „Computational Science and Engineering“-Labor des Lehrstuhls für Computerwissenschaften der ETH Zürich verwendet Aquasar für komplexe Strömungssimulationen.
Wissenschaftler dieses Labors optimieren in Zusammenarbeit mit dem IBM Forschungszentrum und anderen Partnerinstitutionen auch die Effizienz, mit der die Algorithmen berechnet werden.
(idw – Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich), 25.06.2009 – DLO)