Neuer Einblick in das Rätsel der Masse: Physiker am Forschungszentrum CERN haben erstmals den Zerfall des Higgs-Bosons in zwei Myonen nachgewiesen – und damit seine Kopplung auch an leichtere Elementarteilchen. Das könnte wertvollen Aufschluss darüber geben, wie das Higgs-Feld den Teilchen ihre unterschiedlichen Massen verleiht. Denn bisher waren nur Zerfälle und Kopplungen des Higgs-Bosons an die schwerste Teilchen-Generation beobachtet worden.
Das Higgs-Boson ist ein fundamentaler Baustein unseres physikalischen Weltbilds, denn erst der mit ihm verknüpfte Higgs-Mechanismus verleiht allem eine Masse. Eine solche Kopplung des Higgs-Bosons mit den schwersten Teilchen im Standardmodell haben Physiker bereits nachgewiesen, darunter Wechselwirkungen mit dem Top-Quark. Doch ob und wie das Higgs-Boson mit leichteren Partikeln interagiert und wie es bestimmt, welche Teilchen leichter oder schwerer sind, ist bislang offen.

Das Higgs und die zweite Generation
Jetzt ist Physikern am CERN dazu ein wichtiger Durchbruch gelungen. Denn erstmals haben sie eine Wechselwirkung des Higgs-Bosons mit einem Teilchen aus der zweiten, leichteren Teilchengeneration des Standardmodells nachgewiesen – dem Myon. Dieser schwerere „Bruder“ des Elektrons ist sehr kurzlebig und wird daher meist nur als Zerfallsprodukt bei Teilchenkollisionen oder in kosmischer Strahlung nachgewiesen.
Stimmen jedoch die Annahmen über das Verhalten des Higgs-Bosons, müsste dieses ebenfalls in zwei Myonen zerfallen können. „Dieser Di-Myon-Zerfall bietet die beste Chance, die Higgs-Interaktionen mit den Fermionen der zweiten Generation zu messen“, erklären die Physiker der ATLAS-Kollaboration am CERN. Allerdings ist dieser Zerfall sehr selten, denn er kommt den Modellen zufolge nur bei einem von 5.000 Higgs-Bosonen vor. Hinzu kommt, dass bei Kollisionen im Teilchenbeschleuniger auch Myonen aus anderen Ausgangspartikeln freiwerden.