Kühe, Rehe und Hirsche haben einen Sinn für das Magnetfeld der Erde. Unter freiem Himmel richten sie sich bevorzugt in der Nord-Süd-Achse aus. Stehen sie allerdings unter oder in der Nähe von Hochspannungsleitungen, wird ihre Orientierung gestört. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS).
{1r}
Die Biologen um Professor Hynek Burda, Sabine Begall und Julia Neef von der Universität Duisburg-Essen konnten darin zusammen mit tschechischen Kollegen bestätigen, dass Hochspannungsleitungen einen Einfluss auf die Ausrichtung der Tiere haben. Sie untersuchten dafür die Körperlängsachsen von Kühen und Rehen, die unter solchen Konstruktionen grasen oder ruhen.
Zufällige Verteilung
Ergebnis: Die Ausrichtung ist dabei sehr unterschiedlich. „Auch unter Berücksichtigung der Leitungsrichtung gab es nur eine zufällige Verteilung. So lässt sich ausschließen, dass sich die Tiere visuell an den Drähten orientieren“, erklärt Burda. Allerdings gebe es bei ost-westlich verlaufenden Stromleitungen eine auffällige Tendenz der Ausrichtung in Ost-West.
Dieser Effekt sei bis zu 50 Meter von den Hochspannungsleitungen zu beobachten, wobei sich die Körperausrichtung mit zunehmendem Abstand in Richtung Nord-Süd – und damit in die von den Tieren natürlicherweise präferierte Richtung – verschiebt, da der Einfluss der Hochspannung auf das Erdmagnetfeld mit zunehmender Entfernung nachlässt.
Dass eine Hochspannungsleitung das Erdmagnetfeld lokal stört, ist physikalisch messbar und bekannt. Es gibt zahlreiche Arbeiten, die die Zusammenhänge zwischen Hochspannung und menschlicher Gesundheit untersuchen. Doch dies ist die erste Studie, die einen klar messbaren Verhaltenseffekt belegt, so die Wissenschaftler. Sie nutzten in ihrer Studie die originelle Methode der Auswertung von Google Earth-Bildern.
Wie funktioniert die Magnetfeldwahrnehmung?
„Mit dieser Arbeit wurde nun auch eindeutig bewiesen, dass die bevorzugte Körperausrichtung der Rinder und Rehe auf der Wahrnehmung des Magnetfeldes beruht und nicht sekundär durch Wetterverhältnisse gegeben ist“, bestätigt Burda. Das veränderte Verhalten durch das Magnetfeld schließt auch Änderungen auf der zellulären und molekularen Ebene ein.
Die neuen Ergebnisse zeigen, so die Wissenschaftler, dass die Magnetfeldwahrnehmung bei den hier untersuchten Säugetieren auf einem Polaritätskompass oder einem bisher unbekannten Wahrnehmungsmechanismus beruht, die beide von der Intensität abhängig sind.
(idw – Universität Duisburg-Essen, 18.03.2009 – DLO)