Medizintechnik

Impfung: Pflaster statt Spritze

Ein "Multilayer-Tattoo" bringt Impfstoffe einfacher und effektiver unter die Haut

Spritze: Bei einigen Impfungen künftig überflüssig? © SXC

Kein Pieks mehr nötig: US-amerikanische Forscher haben ein neuartiges Polymerpflaster entwickelt, das einige Impfstoffe wirkungsvoller unter Haut bringt als eine Spritze. Winzige Mikronadeln applizieren dabei einen mehrschichtigen Dünnfilm ins Gewebe, der den Wirkstoff erst nach und nach freigibt. Versuche mit Mäusen und Rhesusaffen zeigen, dass vor allem DNA-Impfstoffe durch dieses „Multilayer-Tattoo“ nachhaltiger wirken als eine Spritze, wie die Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ berichten.

Die meisten Schutzimpfungen dienen dazu, unsere Abwehr schon vor einer Infektion auf einen bestimmten Erreger vorzubereiten, damit das Virus oder Bakterium dann schneller erkannt und effektiver bekämpft werden kann. Die Impfstoffe enthalten dazu abgeschwächte Erreger, bestimmte Eiweiße seiner Oberfläche oder – in Falle von DNA-Impfstoffen – sogar Teile seines Erbguts. Das Immunsystem reagiert darauf mit einem Angriff und merkt sich gleichzeitig in Form seiner Gedächtniszellen die spezifischen Merkmale des Impfstoffs und damit auch des Erregers.

Weder Spritze noch Strom

Doch vor allem bei den modernen DNA-Impfstoffen hapert es bisher bei der Verabreichung: Verabreicht man diese Substanzen durch normale Spritzen, ist die ausgelöste Immunreaktion zu schwach um schützend zu wirken. Andere Methoden, bei denen die Viren-DNA beispielsweise per Mini-Elektroschock durch die Haut geschossen wird, sind zwar wirkungsvoller, aber aufwändig und nicht gerade angenehm. Peter DeMuth vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge und seine Kollegen haben hier nun eine mögliche Lösung gefunden.

Das neu entwickelte „Multilayer-Tattoo“ besteht aus einem Pflaster-ähnlichen Kunststoffstück, auf dem zahlreiche beschichtete Polymer-Mikronadeln sitzen. Dieses wird kurz auf die Haut aufgedrückt, dabei applizieren die winzigen Nadeln nahezu unbemerkt ihre Fracht in die Haut: einen mehrschichtigen, biologisch abbaubaren Dünnfilm. „Die Filme lösen sich nach und nach auf und geben so kontinuierlich und über einen längeren, einstellbaren Zeitraum hinweg die Wirkstoffe an das Gewebe ab“, erklären die Forscher.

Stärkere Reaktion ohne den Pieks

In Versuchen an Mäusen haben DeMuth und seine Kollegen die Wirksamkeit ihres Multilayer Tattoos bereits erfolgreich getestet. Dafür verabreichten sie einigen Tiere einen DNA-Impfstoff mittels Impf-Pflaster, anderen die gleiche Substanz durch Elektroporation und normale Injektion. „Verglichen mit allen anderen Applikationsformen, rief das Mikronadel-Pflaster eine stärkere Immunreaktion und substanziell mehr Gedächtniszellen hervor“, sagen die Forscher. Noch zwei Wochen nach der Impfung hätten diese Mäuse bis zu zehnfach mehr Antikörper gegen den Erreger im Blut gehabt. Anzeichen für Nebenwirkungen habe es dagegen keine gegeben.

Ähnlich deutlich fiel das Ergebnis in Tests an frisch herausoperierter Haut von Rhesusaffen aus. Dort lagen die Indikatoren für eine Reaktion des Immunsystems sogar 140fach über denen einer bloßen Injektion in die Haut, wie die Wissenschaftler berichten. „Obwohl das wahre Potenzial einer Impf-Strategie letztlich nur in klinischen Studien mit Menschen bewiesen werden kann, deuten unsere Daten darauf hin, dass das Multilayer-Tattoo ein vielversprechender Ansatz sein könnte, um die Effizienz von DNA-Impfstoffen und möglicherweise auch anderen Mitteln zu erhöhen“, konstatieren DeMuth und seine Kollegen.

Lange haltbar ohne Kühlung

Und noch einen Vorteil hat das neuartige Impf-Pflaster: Weil der Wirkstoff im Dünnfilm sicher eingeschlossen ist, hält er sich auch ohne Kühlung frisch. Im Test mit Mäusen riefen Pflaster, die 28 Tage lang bei Raumtemperatur gelagert worden waren, eine genauso starke Reaktion hervor wie frisch hergestellte. Dadurch könnten Impfstoffe zukünftig – anders als bisher – auch bei Raumtemperatur gelagert und transportiert werden, ohne zu verderben oder unwirksam zu werden. (Nature Materials, doi: 10.1038/nmat3550)

(Nature, 28.01.2013 – NPO)

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