Forscher haben eine intelligente Tapete entwickelt, um Erdbebenschäden an Gebäuden zu „heilen“ oder zu vermeiden. Das neue System zur Verstärkung des Mauerwerks wird zurzeit im italienischen Pavia von den Wissenschaftlern intensiv getestet.
Das „Intelligent composite seismic wallpaper“ besteht aus einem Textilmaterial mit vier verschiedenen Faserrichtungen, das in einen Mörtel eingebettet wird. Es wurde speziell dazu entwickelt, Mauerwerksgebäude in Erdbebengebieten zu verstärken. Ziel ist, Gebäude mit Erdbebenschäden und Problemen mit der Standsicherheit nachträglich zu stabilisieren und wieder nutzbar zu machen.
Intakte Gebäude schützen
Das Textil-Mörtel-Verstärkungssystem kann nach Angaben der Forscher aber auch dazu dienen, intakte Gebäude vorbeugend zu schützen. Darüber hinaus eignet es sich allgemein zur Überbrückung von Gebäuderissen, etwa infolge von Setzungen.
Entstanden ist die seismische Tapete im Rahmen des EU-Projekts POLYTECT – Polyfunctional Technical Textiles against Natural Hazards -, das auf die Entwicklung von intelligenten Textilien für das Bauwesen zum Schutz vor Naturrisiken zielt. Das italienische Unternehmen D’Appolonia S.p.A. und seine Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft, unter ihnen das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), erhielten für das Verstärkungssystem vor kurzem den „JEC Innovation Award 2010″ in der Kategorie Bauwesen und Hochbau. Der Preis wurde im Rahmen der Verbundwerkstoffmesse JEC Composites Show verliehen.
Test auf dem Rütteltisch
Die KIT-Forscher und ihre Partner testen das Textil-Mörtel- Verstärkungssystem derzeit an einem stark beschädigten Gebäude in der italienischen Stadt Pavia. Das Haus orientiert sich in Architektur und Materialien an Gebäuden, wie sie für die Region der Abruzzen typisch sind – auch für die Stadt L’Aquila, die im April 2009 von einem starken Erdbeben betroffen war.
Bei dem Großversuch wird das Gebäude mit der seismischen Tapete verstärkt und zur Simulation eines Erdbebens auf einem Rütteltisch erschüttert.
(idw – Karlsruher Institut für Technologie, 16.04.2010 – DLO)