Der Jupitermond Europa, ein potenzieller Kandidat für Leben in unserem Sonnensystem, hat ein deutlich dynamischeres Innenleben als bisher angenommen. Der Ozean flüssigen Wassers unter der eisigen Oberfläche könnte durch die Kraft der Gezeiten so stark hin und her schwappen, dass ihn die dabei erzeugte Wärme flüssig hält.
Der Jupitermond Europa ist von einer festen Kruste aus Eis bedeckt. Darunter jedoch existiert höchstwahrscheinlich ein Ozean aus flüssigem Wasser. Woher die Wärme stammt, die diesen Wasserkörper vor dem Gefrieren bewahrt, darüber gibt es bisher einige Theorien. Allen gemeinsam ist die tragende Rolle der Jupiter-Schwerkraft, die auf das Mondmaterial wirkt und eine Art „Supergezeiten“ auslöst. Strittig ist allerdings, welche Reaktion des Mondes genau die Erwärmung produziert. Einige sehen Ausdehnbewegungen des Kerns als Ursache an, andere halten Reibungskräfte zwischen Eisschollen für wahrscheinlicher.
Strömungen als Wärmegeneratoren?
Jetzt jedoch postuliert ein amerikanischer Wissenschaftler eine ganz andere Erklärung: „Wenn meine Arbeit korrekt ist, dann ist der Ozean selbst die Wärmequelle für das flüssige Wasser auf Europa und nicht das, was sich darüber oder darunter befindet”, erklärt Robert Tyler, Ozeanforscher am Laboratorium für Angewandte Physik der Washington Universität. „Wir müssen eine neue Sicht dieses Ozeanhabitats bilden, die starke Strömungen anstatt der zuvor angenommenen trägen Bewegungen beinhaltet.
Neigung der Mondachse als Schlüssel
Kern seiner Theorie sind Berechnungen, nach denen die Neigung der Mondachse im Zusammenspiel mit den Anziehungskräften des Jupiter Strömungen im untereisischen Ozean erzeugt. Genau messen ließ sich die Achsneigung von Europa bisher nicht, Berechnungen gehen aber von mindestens 0,1 Grad aus. Verglichen mit den 23 Grad der Erdachse ist das nicht gerade viel, reicht aber nach Ansicht des Forschers zur Wärmeproduktion aus.
Tyler ermittelte für den Mindestwert von 0,1 Grad Neigung bereits eine Strömung von einigen Dezimetern pro Sekunde. Die dadurch verursachte Wasserbewegung würde bereits ausreichend Energie freisetzen um den Ozean flüssig zu halten. Die neuen Berechnungen erlauben es, die dynamische Reaktion des Europa-Ozeans auf die Gezeitenkräfte des Jupiter weitaus realistischer zu kalkulieren als bisher. Ob die Hypothese der „Heizgezeiten“ sich allerdings bestätigt, muss sich erst noch zeigen. „Diese Hypothese ist noch ein relativ neuer Kandidat – warten wir ab, wie sie sich bewährt”, so Tyler.
(University of Washington, 15.12.2008 – NPO)