Physik

„Käfige“ für Photonen

Wissenschaftler sperren Licht in Strukturen aus Silizium ein

Dreidimensional strukturiertes Silizium © Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik

Die präzise Selbstanordnung von Materie in Materialstrukturen, die über abstimmbare Eigenschaften verfügen und in der Natur nicht vorkommen, ist ein wichtiges Ziel der Nanotechnologie. Max-Planck-Wissenschaftlern ist es jetzt gelungen, ein solches Metamaterial herzustellen, einen so genannten „Photonenkäfig“. Dazu haben die Forscher die Präzision lithographischer Methoden mit einem dreidimensionalen, sich selbst stabilisierenden Ätzprozess kombiniert und in Silizium hochperiodische kubische Strukturen – Milliarden identischer Poren pro Kubikzentimeter – hergestellt.

“Das ist speziell für optische Schaltkreise, die großen Hoffnungsträger für künftige Computer und Telekommunikationsgeräte, von Bedeutung. Denn wo heute Elektronen in Silizium-Halbleiter komplizierte Rechenvorgänge erledigen, sollen dann Photonen die Arbeit übernehmen.

Manipulation von Licht in Photonischen Kristallen

Periodische und hochsymmetrische Gebilde, die nur einige Mikrometer groß sind und mit einer Präzision auf Nanometerebene hergestellt werden, beeindrucken nicht nur durch ihre ungewöhnliche Form und Schönheit, sie zeigen auch eine Vielzahl neuartiger Effekte, wie die gezielte Manipulation von Licht in so genannten Photonischen Kristallen, die Anwendung als Vorlage für Nanostrukturen oder als Grundbaustein von Metamaterialien. Aufgrund dieses Potentials unternimmt man weltweit große Anstrengungen, derartige Strukturen künstlich herzustellen.

Den enormen Anforderungen an Präzision und Variabilität der strukturellen Netzwerke versuchte man bislang auf zwei unterschiedlichen Wegen zu begegnen: Zum einen durch sehr aufwändige und langwierige Methoden, die auf vielen Lithographie- und Ätzschritten beruhen, jedoch auch sehr akkurate Ergebnisse liefern. Zum anderen durch eine einfach anmutende Methode – das Eintrocknen von in Lösung befindlichen nanometerkleinen Glaskügelchen und das anschließende Auffüllen der dazwischen verbleibenden Hohlräume mit Silizium.

Zweidimensionales Gitter auf einer Siliziumscheibe

Die Forscher am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle haben nun ein neues Verfahren demonstriert, dass die Präzision lithographischer Methoden mit der Einfachheit sich selbst organisierender Prozesse kombiniert. Dazu wurde ein zweidimensionales Gitter lithographisch auf die Oberfläche einer Siliziumscheibe aufgebracht. Mittels eines Standardprozesses stellten die Forscher dann winzige Vertiefungen her, die als Ausgangspunkt für die Poren dienen. Danach wurde die Siliziumscheibe auf der einen Seite mit einer Flusssäure-Lösung in Kontakt gebracht und eine anodische Spannung angelegt.

Beleuchtet man nun die andere Seite des Wafers, so erzeugt man je nach Intensität des Lichts unterschiedlich viele Elektron-Loch-Paare in dem Halbleiter. Die Elektronen werden aufgrund des anliegenden Potentials an der Rückseite konsumiert. Hingegen diffundieren die „elektronischen Löcher“ zur Grenzfläche zwischen Silizium und Flusssäure. Aufgrund der anliegenden Spannung bildet sich eine Raumladungszone aus, die wie ein Linse auf die Defektelektronen wirkt und diese hauptsächlich auf die Porenspitzen fokussiert, wo sie das Silizium oxidieren.

Licht wird eingesperrt

Das gebildete Siliziumdioxid wird durch die Flusssäure sofort aufgelöst und die Poren wachsen in die Tiefe. Den Durchmesser der Poren kann man über die Intensität der Beleuchtung steuern. Um stellenweise besonders weite Poren zu erhalten, muss man die Variation der Beleuchtungsintensität mit einer speziellen Variation der angelegten elektrischen Spannung kombinieren. Erst die Kombination beider Ätzmethoden ermöglicht eine hohe Perfektion und die Herstellung von Milliarden identischer Poren auf einem Quadratzentimeter. In einem weiteren Schritt werden der Durchmesser der geätzten Poren dann schrittweise vergrößert und schließlich Netzwerke kubisch angeordneter, miteinander überlappender Luftkugeln in Silizium erzeugt.

Die Forscher haben die optischen Eigenschaften entlang verschiedener Richtungen dieses Photonischen Kristalls untersucht. Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass mit diesem Verfahren tatsächlich „Käfige“ für Photonen hergestellt werden können. Denn Photonen, also Lichtteilchen, bewegen sich mit 300.000 Kilometer pro Sekunde im Vakuum. Beim Übergang in ein anderes Medium werden sie abgebremst und ihre Geschwindigkeit reduziert sich um den Brechungsindex. Passiert das Licht eine Folge von Schichten zweier Materialien A und B (ABABAB…), werden die Lichtteilchen periodisch beschleunigt oder abgebremst. Ist die Länge einer Doppelschicht (AB) vergleichbar mit der Lichtwellenlänge, so modifiziert dies die Lichtausbreitung, so dass Lichtteilchen bestimmter Energie an der Schicht reflektiert werden. In drei Dimensionen führt dieses Verhalten dazu, das ein Photon, egal in welche Richtung es sich bewegt, überall reflektiert wird und letztlich eingesperrt ist.

(idw – MPG, 04.11.2004 – DLO)

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