Ultrakalt und lange stabil: Physiker haben das weltweit kälteste und langlebigste Bose-Einstein-Kondensat erzeugt – im freien Fall. Sie kühlten dafür eine Atomwolke herunter, bis sie eine einheitlich reagierende Materiewelle bildete und engten die Atombewegung mithilfe eines neuen Verfahrens weiter ein. Dadurch sank die Temperatur des Kondensats bis auf 38 Pikokelvin – nur 38 Billionstel Grad über dem absoluten Nullpunkt und ein weltweiter Rekord.
In einem Bose-Einstein-Kondensat schwingen die Atome im Gleichtakt und reagieren wie eine einzige Materiewelle oder ein einziges Riesenatom. In diesem exotischen Quantenzustand lassen sich die ultrakalten Atome ähnlich wie die kohärenten Lichtteilchen eines Lasers für besonders präzise Messungen nutzen, beispielsweise von Gravitationswellen oder der Gravitationskonstante, aber auch zur Detektion von Dunklen-Materie-Teilchen.
Das Problem der kinetischen Ausdehnung
Das Problem jedoch: In der Schwerelosigkeit oder im freien Fall – unter den Bedingungen, unter denen man viele dieser Messungen durchführen würde – treibt die Restenergie der ultrakalten Atome das Bose-Einstein-Kondensat schnell wieder auseinander – es zerfällt. Bei Experimenten beispielsweise im Fallturm des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) in Bremen ist das Kondensat dadurch schon direkt nach Beginn des Falls nicht mehr nachweisbar.
Jetzt ist es Physikern erstmals gelungen, ein Bose-Einstein-Kondensat so weit abzukühlen und zu stabilisieren, dass es im freien Fall weit länger stabil blieb als je zuvor beobachtet. Die kinetische Energie der Atomwolke und damit ihre Ausdehnung war so weit verringert, dass das Kondensat mehrere Sekunden lang zu einem der kältesten Orte des Universums wurde.