Es ist der Fluch vieler Hochzeitsvideos: das Gesicht der Braut vor einem Fenster, so dunkel, dass keine Gesichtszüge erkennbar sind. Dies könnte bald Vergangenheit sein. Ein australischer Wissenschaftler hat ein Verfahren zur Herstellung digitaler Videos entwickelt, bei dem er den Sehvorgang von Insekten nachahmt und so jedes Detail auf einem Video sichtbar macht.
Die Methode von Dr. Russell Brinkworth, Wissenschaftler am Fachbereich für Physiologie der University of Adelaide, könnte auch bei Überwachungskameras, bei denen es besonders auf ein klares Bild ankommt, bestehende Probleme der Bildqualität lösen. "Gegenwärtig ist selbst das kleine Gehirn eines Insekts jedem künstlichen System in punkto Sehen überlegen", erläutert Brinkworth. "Genau wie der Mensch, können Insekten Details gleichzeitig in Licht und Schatten wahrnehmen." Kameras hingegen verwenden traditionell eine einzige Durchschnitts-Lichteinstellung, um die Helligkeit eines Bildes zu steuern. Solange ähnliche Lichtverhältnisse im gesamten Bildbereich herrschen, stellt dies kein Problem dar. Schwierig wird es jedoch, wenn einige Bildbereiche wesentlich heller als andere sind.
In der Natur passen sich die einzelnen Zellen eines Auges unabhängig voneinander an Teile eines Bildes an, um so eine maximale Informationsmenge zu einer Szene aufnehmen zu können. Dadurch können selbst bei schwierigen Lichtverhältnissen, zum Beispiel wenn eine Person vor einem Fenster steht, sowohl das Gesicht der Person, als auch die Szenerie vor dem Fenster gleichzeitig wahrgenommen werden.
Diese Fähigkeiten besitzt keine traditionelle Kamera. Durch Aufnahmen von Zellen im Gehirn von Insekten, konnten Brinkworth und sein Team zeigen, dass es möglich ist, die Funktionsweise eines Tierauges genau zu bestimmen und diesen Prozess mittels entsprechender Computer Soft- und Hardware nachzubilden.
"Indem wir von den Insekten lernen, werden wir in der Lage sein, Videokameras zu bauen, die Details in Licht und Dunkelheit auflösen können, die bewegliche Objekt aufspüren und eine schnelle Datenkomprimierung für die Übermittlung von Videomaterial vornehmen können", so Brinkworth. Auch das Aufspüren und das Messen der Geschwindigkeit von Objekten in größerer Entfernung sollen mittels der neuen Technologie möglich sein.
Die Software des Forschers kann bereits jetzt bestehende Videoaufnahmen aufwerten. Als nächster Schritt ist geplant, die neue Technologie in die bestehende Sensorentechnologie von Kameras zu integrieren. Die Software würde auf einen Computerchip geschrieben werden, der zwischen Sensor und Converter einer Kamera eingebaut werden würde. Bis die wirtschaftliche Nutzbarmachung dieser Technologie über eine Industriepartnerschaft gesichert ist, will Brinkworth die Details seiner Arbeit unter Verschluss halten. Unterstützung für ihre Arbeit erhalten er und sein Wissenschaftlerteam aber bereits von der United States Air Force.
(Australisch-Neuseeländischer Hochschulverbund / Institut Ranke- Heinemann, 01.09.2006 – NPO)