Energie

Kernfusion: Erstes Wasserstoff-Plasma im Testreaktor

Fusionsanlage Wendelstein 7-X hat den wissenschaftlichen Betrieb begonnen

Das erste Wasserstoff-Plasma in Wendelstein 7-X. Es dauerte eine Viertel Sekunde und erreichte eine Temperatur von rund 80 Millionen Grad Celsius. © IPP

Wasserstoff-Feuer im Magnetkäfig: Die Fusionsanlage Wendelstein 7-X in Greifswald hat ihr erstes Wasserstoff-Plasma erzeugt. Damit kann nun die eigentliche Forschungsarbeit in diesem Testreaktor beginnen. Die weltweit größte Fusionsanlage in Stellarator-Bauweise soll in den nächsten Jahren zeigen, ob Reaktoren dieses Typs als Kraftwerke zur Gewinnung von Fusionsenergie geeignet sind.

Das Ziel von Fusionsreaktoren ist es, Energie aus der Verschmelzung von Atomkernen zu gewinnen – ähnlich wie in der Sonne. Weil die Kernfusion jedoch erst bei mehr als 100 Millionen Grad zündet, kann kein Material dieser Hitze standhalten. Deshalb wird das heiße Wasserstoff-Plasma in einem Käfig aus starken Magnetfeldern eingeschlossen. Für Fusionsreaktoren haben sich dabei zwei verschiedene Bauweisen des Magnetkäfigs durchgesetzt, der Tokamak und der Stellarator.

Erst Helium, jetzt Wasserstoff

Die weltweit größte Fusionsanlage vom Typ Stellarator ist der Wendelstein 7-X im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Greifswald. Bereits am 10. Dezember 2015 war hier als Vorstufe zum regulären Betrieb ein Helium-Plasma erzeugt worden. Sie wurden vor allem zum Reinigen des Plasmagefäßes genutzt.

Am 3. Februar 2016 hat nun mit der Erzeugung des ersten Wasserstoff-Plasmas die eigentliche Betriebs- und Versuchsphase in diesem Fusionsreaktor begonnen. Auf Knopfdruck von Bundeskanzlerin Angela Merkel verwandelte ein Zwei-Megawatt-Puls der Mikrowellenheizung eine winzige Menge Wasserstoff-Gas in ein ultradünnes, extrem heißes Plasma. Dabei lösen sich die Elektronen von den Kernen der Wasserstoffatome.

Die komplexe Form der Magnetspulen im Inneren von Wendelstein 7-X ist hier zu erkennen. Dieses Bild wurde beim Bau der Anlage aufgenommen. © IPP/ Wolfgang Filser

Stufenweise immer länger und heißer

„Mit einer Temperatur von 80 Millionen Grad und einer Dauer von einer Viertel-Sekunde hat das erste Wasserstoff-Plasma in der Maschine unsere Erwartungen vollständig erfüllt“, sagt Hans-Stephan Bosch vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP). Ab März sind dann stufenweise weitere Ausbauten geplant, die höhere Temperaturen und längere Plasma-Entladungen ermöglichen.

In etwa vier Jahren sollen im Wendelstein 7-X dann 30 Minuten lange Entladungen erzeugt werden können. Sie gelten als das wesentliche Plus der Stellaratoren, denn Tokomak-Anlagen können bisher nur kurze Plasma-Pulse erzeugen. Bei voller Heizleistung von 20 Megawatt wollen die Physiker überprüfen, ob sich ein Stellarator überhaupt als Fusions-Kraftwerk eignet.

Komplexe Geometrie

Das Kernstück von Wendelstein 7-X bildet ein Ring aus 50 supraleitenden, etwa 3,5 Meter hohen Magnetspulen. Diese Spulen sind auf ein stählernes Plasmagefäß aufgefädelt und von einer ringförmigen Stahlhülle umschlossen. Von flüssigem Helium bis nahe an den absoluten Nullpunkt abgekühlt, erzeugen die Magnetspulen ein komplexes, in sich gewundenes Magnetfeld – den Stellarator.

Wegen der komplexen Geometrie des Magnetkäfigs und damit auch des in ihm eingeschlossenen Plasmas hielt man einen Stellarator einige Zeit sogar als zu kompliziert, um ihn zu realisieren. Doch dank leistungsfähigerer Computer, die die optimale Form der Magnetspulen berechneten, kann Wendelstein 7-X nun ein immerhin 30 Kubikmeter füllendes Plasma halten.

(Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, 04.02.2016 – NPO)

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