Ultimative Miniaturisierung: Forscher haben einen Datenspeicher aus nur einem Atom erzeugt. Die Magnetpolung des Holmium-Atoms speichert dabei die digitale „Null“ oder „Eins“ und bleibt auch nach mehrfachem Auslesen stabil, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature“ berichten. Überraschend auch: Selbst wenn zwei solcher Atomspeicher direkt nebeneinander platziert wurden, gab es keine quantenphysikalischen Störeffekte.
Immer kleiner, immer schneller: Weltweit sind Forscher auf der Suche nach neuen Speichertechnologien für Computer. Ein Kandidat dafür sind Magnetspeicher im Atommaßstab – sozusagen die Miniversion der gängigen Festplattenspeicher. Im Extremfall steht dann die Polung eines einzelnen Atoms für eine digitale Null oder Eins. Tatsächlich ist es Forschern bereits gelungen, Gruppen von zwölf und sogar fünf Eisenatomen als Magnetspeicher zu nutzen.
Offen blieb jedoch bisher, ob sich solche Magnetspeicher auf das ultimative Minimum reduzieren lassen – auf nur noch ein Atom pro Bit. Fabian Natterer vom IBM Almaden Research Center und seine Kollegen haben diese Frage nun beantwortet. Ihnen gelang es, einen Magnetspeicher aus nur einem Atom zu erzeugen – und damit das kleinste Speichermedium der Welt.
Holmium-Atom als Bit
Für ihren Atomspeicher platzierten sie mit Hilfe eines Rastertunnelmikroskops ein einzelnes Atom des Elements Holmium auf einer Magnesiumoxid-Oberfläche. Das zu den Lanthanoiden gehörende Holmium besitzt besondere Magneteigenschaften, darunter eines der höchsten magnetischen Dipolmomente aller Elemente.
Durch einen Stromstoß aus der Spitze des Rastertunnelmikroskops polten die Forscher zunächst den Spin des Holmium-Atoms gezielt um – und speicherten damit gewissermaßen ein digitales Bit an Information. Wie die Forscher feststellten, blieb diese Umpolung mehrere Stunden lang stabil erhalten. Sie wurde durch elektrochemische Wechselwirkungen mit der Oxidschicht des Untergrunds stabilisiert.
Stabiles Schreiben und Lesen
Zu einem vollwertigen Computerspeicher gehört jedoch auch, dass sich seine Information lesen lassen muss. Um dies zu bewerkstelligen, platzierten die Wissenschaftler direkt neben dem Holmium-„Bit“ ein Eisenatom. „Das Eisenatom fungiert als lokales Magnetometer“, erklären Natterer und seine Kollegen. Weil dessen Leitfähigkeit vom Magnetzustand des Holmiums beeinflusst wird, lässt sich an ihm der Magnetzustand des Holmium-„Bits“ ablesen.
Damit haben die Forscher erfolgreich einen Magnetspeicher aus nur einem Atom geschaffen. „Noch ist dies zwar weit einer Anwendung in der realen Welt entfernt“, kommentiert Roberta Sessoli von der Universität Florenz. „Aber ihre Ergebnisse zeigen, dass die Speicherung und Wiedergewinnung von magnetischer ‚Information aus nur einem Atom machbar ist.“
Keine quantenphysikalischen Störeffekte
Vielversprechend auch: Die einzelnen Atomspeicher aus Holmium können erstaunlich dicht gepackt werden, ohne dass sie sich gegenseitig stören. Als die Forscher zwei Holmium-Atome nur einen Nanometer voneinander entfernt auf der Oberfläche platzierten und sie unabhängig voneinander umpolten, behielt jedes Atom stabil seine jeweilige Polung bei.
„Während der fünf Stunden des gezielten Schreibens und Lesens ihrer magnetischen Zustände beobachteten wir keinerlei unerwünschtes Umspringen bei den benachbarten Atomen“, berichten Natterer und seine Kollegen. Dies ist überraschend, weil normalerweise quantenphysikalische Störeffekte die maximale Dichte von Speichermedien begrenzen. Doch beim Holmium scheint dies nicht der Fall zu sein.
Dadurch könnten künftig solche Atomspeicher sehr eng nebeneinander angeordnet werden – und Daten könnten tausendfach dichter als bisher auf Festplatten und Solid State Memory Chips gesichert werden. So würden beispielsweise die 35 Millionen Songs bei iTunes auf ein Gerät von der Größe einer Kreditkarte passen, wie die Forscher erklären. (Nature, 2017; doi: 10.1038/nature21371)
(IBM /Institute for Basic Science, 10.03.2017 – NPO)