Wie die Fachzeitschrift „Nature Nanotechnology“ berichtet, hat ein internationales Forscherteam mit einem Rastertunnelmikroskop eine Kette von Kobaltatomen gebaut und deren magnetische Eigenschaften untersucht. Die Messungen zeigen überraschenderweise, dass die beobachtete Form der Atome von deren magnetischer Orientierung abhängt – ein Effekt, der anschließend von Kieler Wissenschaftlern erklärt werden konnte.
Die neue Studie ist die erste weltweit, die Spinsensitivität – „Spins“ – magnetische Momente von Elektronen – mit der Technik der Atommanipulation kombiniert, und eröffnet so neue Möglichkeiten, den Magnetismus künstlich hergestellter atomarer Strukturen zu untersuchen.
Der Magnetismus gehört zu den ältesten bekannten physikalischen Phänomenen und ist dennoch eines der aktuell spannendsten Forschungsgebiete. Neue Messtechniken erlauben dabei einen Einblick in die grundlegenden Wechselwirkungen, die die Eigenschaften magnetischer Strukturen auf der atomaren Skala bestimmen. Die treibende Kraft ist dabei der Wunsch nach höheren Speicherdichten auf Computerfestplatten und die damit einhergehende Miniaturisierung der schreib- und lesbaren Informationseinheiten.
Digitales Alphabet
Das digitale Alphabet besteht nur aus zwei Zeichen, „0“ und „1“, und ist daher ideal zur magnetischen Kodierung in Nord- und Südpol geeignet. Auf aktuellen Festplatten kann man sich die kleinsten Dateneinheiten – die Bits – wie winzige Kompassnadeln vorstellen: je nachdem, ob die Magnetisierungsrichtung nach Norden oder Süden zeigt, können Datenbits die Werte „0“ oder „1“ annehmen. Der Schreib-Lese-Kopf einer Festplatte kann die Bits beliebig auf Nord- oder Südpol ausrichten oder deren Ausrichtung einfach abfragen.
Das ultimative Ziel ist die Speicherung eines Bits als Magnetisierungsrichtung eines einzelnen Atoms. Bei dieser Miniaturisierung bestehen jedoch zwei Grundprobleme: Zum einen nimmt die Energiebarriere zwischen den Zuständen „0“ und „1“ mit der Strukturgröße ab, sodass thermische Fluktuationen zu Datenverlust führen können. Zum anderen lassen sich die magnetischen Eigenschaften atomarer Strukturen kaum vorhersagen: Ein einzelnes magnetisches Atom verhält sich eben nicht wie der Magnet, der eine Notiz am Kühlschrank festhält.
Spirale aus Manganatomen
Bei den an der Universität Hamburg durchgeführten Experimenten wurden nun Kobaltatome auf eine Manganoberfläche aufgebracht. Die Manganatome ordnen sich magnetisch in Form einer Spirale. Diese Oberfläche wurde aus zwei Gründen gewählt: So werden die thermischen Fluktuationen der magnetischen Momente („Spins“) der Kobaltatome durch die so genannte Austauschkopplung unterbunden und die Kobaltatome haben zudem durch die Manganoberfläche vorgegebene, ortsabhängig variierende Spinrichtungen, was eine systematische Untersuchung ermöglicht.
Als Messtechnik setzten die Wissenschaftler die so genannte spinpolarisierte Rastertunnelmikroskopie (SP-RTM) ein. Dabei tastet eine magnetische Spitze in einem Abstand von einigen Zehntel Nanometern einen Oberflächenbereich ab. Der gemessene Tunnelstrom ermöglicht ein Abbild der Elektronendichte und der lokalen Spinrichtung mit extrem hoher Ortsauflösung. Überraschenderweise ist nach Angaben der Forscher nicht nur die gemessene Höhe der Kobaltatome, sondern auch deren Form im SP-RTM Bild von der Spinrichtung abhängig.
Spin-Richtung gezielt einstellen
Mit Hilfe von parameterfreien Elektronenstrukturrechnungen konnten theoretische Physiker der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel zeigen, dass hierfür spinabhängige orbitale Symmetrien der Kobaltelektronen verantwortlich sind. Dies hat zur Folge, dass jeder Spinrichtung eine spezifische Form zugeordnet werden kann und daher pro Atom im Prinzip mehr als nur ein Bit auslesbar ist.
Durch Expertise in atomarer Manipulation, die im Rahmen einer Gastprofessur aus Ohio (USA) nach Hamburg gebracht wurde, konnten die Forscher experimentell noch einen Schritt weiter gehen: Die Kobaltatome können mit der Spitze eines Rastertunnelmikroskops beliebig positioniert werden und richten ihren Spin jeweils parallel zu den nächsten Nachbaratomen der Manganoberfläche aus. Dadurch kann die Spin-Richtung einzelner Atome gezielt eingestellt werden.
Die in dieser Studie erstmals demonstrierte Kombination von Spinsensitivität und atomarer Manipulation eröffnet neue Perspektiven bei der Herstellung und Charakterisierung atomarer magnetischer Strukturen, so die Forscher in „Nature Nanotechnology“.
(idw – Universität Hamburg, 04.05.2010 – DLO)