Während das Eis der Arktis eindeutig schmilzt, ist die Entwicklung in der Antarktis weitaus weniger eindeutig. Jetzt hat ein Forscherteam erstmals direkt gemessen, wie stark sich der Untergrund unter dem Eis bewegt und festgestellt, dass das bisher genutzte Modell der Krustenbewegung – und damit auch die Eismessung – sehr ungenau ist. Die Hebung des Untergrunds ist deutlich stärker als vermutet.
Wenn die Eisdicke beispielsweise des Westantarktischen Eisschilds per Satellit ermittelt wird, wie das zurzeit die Norm ist, dann messen die Sonden eigentlich nur die Eishöhe, sie erstellen quasi eine Topografie des Eises. Um die Dicke daraus zu ermitteln, müssen die Wissenschaftler erst die Höhe des Kontinentalsockels unter dem Eis von dieser abziehen. Solange der Untergrund immer gleich hoch bleibt, ist dies nicht weiter problematisch, aber auch er verändert sich im Laufe der Zeit.
GPS-Sensoren und Seismometer unter dem Eis
Durch die Eismassen niedergedrückt, hebt sich die Kruste wieder, sobald der auf ihr lastende Druck nachlässt – beispielsweise wenn das Eis schmilzt. Bisher existieren zwar Modelle, die dieses Zurückfedern des Untergrunds berechnen, doch wie sich jetzt herausstellt, sind sie nicht korrekt. Im Rahmen des Projekts „Polenet“ haben Wissenschaftler unter Leitung von Terry Wilson, Professorin für Geowissenschaften an der Ohio State Universität, nun die Bewegungen des antarktischen Kontinentalsockels erstmals genauer gemessen. Als Instrumente nutzen sie ein Netzwerk von GPS-Sensoren und Seismometern, die – teilweise von älteren Projekten – unter dem Eis in den Untergrund platziert worden waren.
Krustenhebung deutlich schneller
Die Ergebnisse der GPS-Messungen offenbarten nun Erstaunliches: Das Gestein hebt sich viel schneller als es die Modelle vorhersagen. „Wenn man in den Daten und den Modellen vergleicht wie schnell sich die Erde hebt und wo, dann stellt man fest, dass sie nicht zusammenpassen“, so Wilson. „Es gibt Stellen an denen die Modelle keine Krustenhebung ergeben, wo wir aber mehrere Millimeter Hebung pro Jahr registrieren. Wir haben auch Hinweise auf ein Absinken an anderen Stellen, das in keinem der Modelle auftaucht.“
Daten verbessern die Auswertung von Satellitenmessung des Eises
Während die GPS-Sensoren die aktuellen Krustenbewegungen registrieren, erlauben die Werte der Seismometer Rückschlüsse auf die Steifigkeit des Untergrunds – eine Eigenschaft, die den Wissenschaftlern auch verrät, wie stark sich die Kruste in Zukunft heben oder senken wird. „Das wird die Auswertung der Eissatellitendaten verbessern und das wiederum wird unser Wissen darüber verbessern, ob wir Eis verlieren oder gewinnen“, so Wilson. Auch Rückschlüsse über den durch die Eisschmelze ausgelösten Meeresspiegelanstieg könnten so optimiert werden.
Im Rahmen des Projekts sollen weitere Sensoren unter das Eis herabgelassen werden. Bis 2010 soll das Netzwerk komplett sein und dann bis 2012 kontinuierlich Daten liefern.
(Ohio State University, 16.12.2008 – NPO)