Medizin

Künstliche Intelligenz erkennt Darmkrebs-Vorstufen

Endoskopie-Programm identifiziert problematische Dickdarmpolypen

Bei einer Dickdarmspiegelung wird der Dickdarm mithilfe eines Videoendoskops von innen betrachtet, um beispielsweise Polypen entdecken zu können. © Eraxion/ iStock.com

Computer als Gastroenterologe: Künftig könnte ein Computerprogramm ermitteln, ob ein Polyp im Dickdarm entfernt werden muss oder nicht. Das von japanischen Forschern entwickelte lernfähige System erkennt während einer Dickdarmspiegelung erstaunlich zuverlässig sogenannte Adenome – Vorläufer von Dickdarmkrebs. In Tests schnitt das Programm so gut ab, dass die Wissenschaftler schon bald seine Zulassung für den Einsatz in der klinischen Praxis beantragen wollen.

Computersysteme, die menschliche Intelligenz nachahmen, beherrschen inzwischen erstaunliche Fähigkeiten: Dank neuronaler Netze sind diese Programme heute lernfähig und flexibel genug, um unsere Sprache zu erkennen, als Webbots Internetseiten zu pflegen und Technikern beim Aufspüren von Sicherheitsmängeln, beispielsweise in Atomkraftwerken, zu helfen.

Auch im Bereich der Medizin überzeugen die Maschinengehirne mit soliden Leistungen. So haben Forscher erst kürzlich gezeigt, dass ein lernfähiges Programm Hautkrebs genauso zuverlässig diagnostiziert wie ein erfahrener Dermatologe. Dass künstliche Intelligenzen Ärzten aus anderen Fachgebieten eine ebenso große Hilfe sein können, bestätigt nun eine Studie von Wissenschaftlern um Yuichi Mori von der Showa Universität im japanischen Yokohama.

Schnelle Diagnose

Sie haben ein KI-Programm entwickelt, das Mediziner bei Darmspiegelungen unterstützt: Es hilft möglicherweise problematische Polypen im Dickdarm zu identifizieren, sogenannte Adenome. Diese tumorartigen Gewebe müssen nicht automatisch bösartig sein. Sie entarten jedoch häufig und gelten damit als Vorläufer von Dickdarmkrebs.

Um zu beurteilen, ob es sich bei einem Polypen um ein Adenom handelt oder nicht, wertet das computergestützte System ein 500-fach vergrößertes Bild des fraglichen Bereichs aus. Dabei analysiert es insgesamt rund 300 einzelne Merkmale. Was für ein Adenom typisch ist, weiß das Programm, weil die Forscher es zuvor mit mehr als 30.000 solcher endoskopischen Bilder trainiert haben. Seine Diagnose kann es nun in unter einer Sekunde fällen.

Erstaunlich zuverlässig

Doch wie zuverlässig ist das Urteil? Um das zu überprüfen, ließ Moris Team das KI-System 306 Polypen von Patienten analysieren, die zuvor bereits von einem Mediziner pathologisch untersucht worden waren. Würden die Diagnosen von Mensch und Maschine übereinstimmen? Im Test zeigte sich, dass das Programm erstaunlich zuverlässig war. So beurteilte es die Polypen mit einer Sensitivität von 94 Prozent, einer Spezifität von 79 Prozent und einer Genauigkeit von 86 Prozent.

„Das sind Ergebnisse, die für die klinische Anwendung auf jeden Fall akzeptabel sind“, sagt Mori. „Der große Vorteil des Programms ist, dass es eine zuverlässige optische Biopsie während der Darmspiegelung ermöglicht – unabhängig von den Fähigkeiten des untersuchenden Arztes.“ Auf diese Weise können adenomatöse Polypen sofort vollständig entfernt werden. Gleichzeitig wird vermieden, dass unnötig Gewebe herausgeschnitten wird, das sich später in der histologischen Untersuchung als unproblematisch erweist.

Zulassung im Blick

Die Forscher hoffen nun, dass ihr System in Zukunft als reguläres Diagnoseverfahren zugelassen wird. Zu diesem Zweck führen sie bereits weitere klinische Studien durch und wollen ihr Programm weiter verfeinern. „Die präzise Identifizierung und Entfernung von Adenomen kann das Risiko für Dickdarmkrebs verringern – und damit letztendlich krebsbedingte Todesfälle verhindern“, schließt das Team. (25th United European Gastroenterology Week Meeting, 2017)

(Spink Health, 30.10.2017 – DAL)

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