Technik

Kunst: Infrarot-Licht macht Wasserzeichen sichtbar

Neues Methode erleichtert die Datierung historischer Zeichnungen

Handzeichnung von Jan Lievens aus der Rembrandt-Schule und das per Infrarot sichtbar gemachte Wasserzeichen. © Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig

Handelt es sich um eine historische Zeichnung? Oder um eine Fälschung aus dem 19. Jahrhundert? Dies ist selbst für Kunstexperten manchmal schwer zu beurteilen. Jetzt haben Forscher ein neues Infrarot-Verfahren entwickelt., das Abhilfe schafft. Es lässt zuvor verborgene Wasserzeichen auf Papieren sichtbar werden und ermöglicht somit eine genauere Datierung.

Ist der Rembrandt echt? Oder ist man einem Schwindel aufgesessen und hat anstelle des Meisterwerks eine wertlose Kopie aus dem 19. Jahrhundert erworben? In vielen Fällen lässt sich dies mit Hilfe von Wasserzeichen beantworten. Ab dem 12. bis 13. Jahrhundert hat jede Papiermühle solche Prägungen in ihre Papierbögen eingebracht. Über die Jahre nutzten sich die beim Prägen der Wasserzeichen genutzten Formen ab, teilweise wurden sie auch vom Betreiber der Papiermühle erneuert oder ersetzt.

Weil sich die Merkmale der Prägeformen auf das Papier übertragen, lassen die Wasserzeichen bis auf wenige Jahre genau auf die Zeit schließen, in der das Papier hergestellt wurde. Um die Wasserzeichen zu erkennen, durchleuchtet man die Zeichnung üblicherweise mit sichtbarem Licht. Aber nicht immer funktioniert das: Oft verdecken Tinte oder Pinselstriche die Zeichen bis zur Unkenntlichkeit.

Infrarot-Licht sieht durch Tinte hindurch

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung WKI in Braunschweig haben nun gemeinsam mit Kollegen eine Lösung für dieses Dilemma entwickelt: „Wir durchleuchten die Papiere nicht mit sichtbarem Licht, sondern mit Infrarot-Licht – also mit Wärmestrahlung“, erklärt Peter Meinlschmidt vom WKI. „Die häufig verwendete Eisengallus-Tinte ist für dieses Licht transparent. Man sieht also nur das Wasserzeichen, ohne die störende Schrift oder Farbe.“

Typisches Wasserzeichen aus historischen Papieren in der Thermografie. © Fraunhofer WKI

Für die Untersuchung klemmen die Forscher das Papier zwischen den Infrarotstrahler und eine Infrarotkamera. Statt der im Licht sichtbaren Helligkeitsunterschiede detektieren die Forscher nun Abweichungen in der vom Papier absorbierten Wärmestrahlung – und das mit hoher Genauigkeit: Die Kameras können selbst Temperaturdifferenzen von 15 Millikelvin auflösen, das entspricht 15 tausendstel Grad Celsius.

Erfolgreicher Einsatz bei Rembrandt und Co

Einen ersten Test hat die neue Methode schon bestanden: Den Forschern gelang es, rund 60 Zeichnungen aus dem Rembrandt-Umfeld anhand der Wasserzeichen zu datieren. Das gibt unter anderem Aufschluss darüber, welche dieser Zeichnungen von welchem Schüler stammen – und ob sie nicht doch Fälschungen sind.

Schadet die Wärmestrahlung den Kunstwerken? „Die Wärme ist unbedenklich: Die Infrarotlampe erwärmt das Papier weitaus weniger, als es die Finger beim Anfassen des Papiers tun“, erläutert Meinlschmidt. Allerdings gilt es, schnell zu sein: Das Wasserzeichen ist nur wenige Sekunden lang sichtbar. Denn je länger das Blatt in der Wärmestrahlung bleibt, desto stärker wärmen sich durch Tinte dunkel gefärbte Bereiche auf und verwischen die Temperaturunterschiede.

Automatischer Abgleich mit der Datenbank

Hat man das Wasserzeichen aufgenommen, gilt es, exakt dieses in einer Datenbank wiederzufinden. Das erledigen bislang Experten in mühseliger und langwieriger Handarbeit. „Bald sollen Suchalgorithmen diese Zuordnung übernehmen“, sagt Meinlschmidt. Daran arbeiten die Forscher zukünftig im Auftrag der Staatsbibliothek in Berlin. In etwa vier Jahren soll die automatische Erkennung angewendet werden können.

Eine weitere Frage, der sich die Wissenschaftler widmen: Welche Farben sind bei welchem Wellenlängenbereich des Infrarotlichts transparent? Sprich: Für welche Farben eignet sich welches IR-Licht am besten? Ist dies bekannt, könnte man für jedes Kunstwerk die optimale Wellenlänge wählen – und die Sichtbarkeit der Wasserzeichen somit noch einmal verbessern.

(Fraunhofer Gesellschaft, 03.03.2016 – NPO)

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